14.04.2025

Von Ausweichnahrungshabitat bis Zumutbarkeitsregelung

KNE-Veranstaltung gibt Überblick und Update zu neuen Regelungen aus dem Bundesnaturschutzgesetz

Auf der Online-Veranstaltung „Das Bundesnaturschutzgesetz 2022 besser verstehen – Einstieg und Update“ stellte das KNE am 10. April 2025 zentrale Regelungen aus der Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes vor. Rund 300 Teilnehmende informierten sich dabei umfassend über aktuelle rechtliche und fachliche Entwicklungen der Novelle. Einblicke aus der Praxis der vergangenen drei Jahre vervollständigten das Programm. Die Veranstaltung wurde begleitend zur kürzlich veröffentlichten Aktualisierung der KNE-Publikation „Die Vorschriften zur Windenergie an Land im Bundesnaturschutzgesetz 2022“ angeboten.

Der schnelle Ausbau der Windenergie an Land ist ein wichtiger Baustein, um die Klimaziele Deutschlands zu erreichen. Um Genehmigungen zu beschleunigen und erste Standardisierungen beim Artenschutz und der Ausnahmeprüfung einzuführen, wurde das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) im Jahr 2022 geändert. Ein Schwerpunkt der Novelle war die Neuregelung für die Beurteilung des Tötungsrisikos kollisionsgefährdeter Brutvögel durch den Betrieb von Windenergieanlagen. Die Änderungen haben großen Einfluss auf Planungs- und Genehmigungsprozesse und die Novelle führt neue Instrumente wie etwa das nationale Artenhilfsprogramm ein, um Arten zu schützen, die besonders vom Ausbau der Erneuerbaren Energien betroffen sind.

Der Informationsbedarf ist weiterhin groß

Auch drei Jahre nach der BNatSchG-Novelle ist der Informationsbedarf von Behörden, Projektierern, Gutachterbüros, Umweltverbänden und anderen Akteuren der Energiewende und des Naturschutzes groß. Die Referierenden Jenny Lassmann und Holger Ohlenburg vom KNE informierten rund 300 Teilnehmende auf einer digitalen Veranstaltung über die rechtlichen Vorgaben, die aktuelle Rechtsprechung und neue fachliche Erkenntnisse.

Sie stellten etwa vor, wie mit Hilfe der neuen Prüfmaßstäbe ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko von in der Nähe brütenden kollisionsgefährdeten Vögeln wie etwa Rotmilan, Seeadler oder Weißstorch festgestellt wird und mit welchen Methoden dies widerlegt oder vermieden werden kann. Dabei ging das KNE-Team näher auf neue Methoden wie „Habitatpotenzialanalyse“ und „Probabilistik“ (Berechnung der Kollisionswahrscheinlichkeit von Vögeln an Windenergieanlagen) ein. Beide Methoden müssen allerdings noch rechtlich verankert werden. Die Referierenden teilten mit dem Publikum neueste Erkenntnisse zu fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen wie etwa Antikollisionssystemen oder Ausweichhabitaten und berichteten auch über die komplexen Regelungen zur artenschutzrechtlichen Ausnahmeprüfung.

Fehlende Daten sind ein Problem

Die Rückmeldungen aus dem Publikum zeigten: Viele Akteure wünschen sich vor allem einen besseren Zugang zu Daten, die die Grundlage für die Prüfung sind. Klärungsbedarf und Wünsche zur Einordnung gibt es auch zu den besonderen Regeln für Uhu, Wiesenweihe und Rohrweihe, zu einzelnen Schutzmaßnahmen, zur Berechnung der Zumutbarkeit oder zur Definition einer lokalen Population, anhand der der Erhaltungszustand der jeweiligen Art bewertet wird. Zudem wird die bevorstehende Verrechtlichung von Habitatpotenzialanalyse und Probabilistik mit Spannung erwartet. Viele Akteure beschäftigt außerdem das Auslaufen der EU-Notfallverordnung zum beschleunigten Ausbau der Windenergie an Land am 30. Juni 2025.

Mit der erstmals im Jahr 2023 erschienenen und kürzlich aktualisierten Publikation „Die Vorschriften zur Windenergie an Land im Bundesnaturschutzgesetz 2022“ hat das KNE viele Aspekte zur BNatSchG-Novelle übersichtlich und aktuell aufbereitet. Auch in der Zukunft wird sich das KNE damit verbundenen Themen widmen, denn die für 2024 angekündigte Evaluation weiterer Paragrafen des BNatSchG steht noch aus. Damit werden Überarbeitungsbedarfe etwa für die Zumutbarkeitsberechnung, für Maßnahmenbeschreibungen und für ein Monitoringsystem der Erhaltungszustände erwartet. Auch in der europäischen Gesetzgebung stehen Veränderungen an, für die Neuregelungen aus dem BNatSchG relevant sein werden.

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