Solarparks als Lebensräume für Insekten der Agrarlandschaft (Minnesota, USA)
Walston et al. (2024): If you build it, will they come? Insect community responses to habitat establishment at solar energy facilities in Minnesota, USA
Eine fünfjährige Feldstudie in Minnesota (USA) zeigt, dass neu eingesäte Gräser und Kräuter in Solarparks zu einem starken Anstieg der Insektenbiodiversität geführt haben. Dies wirkte sich auch auf angrenzende Ackerflächen aus: durch den Zuwachs der Insektengemeinschaften erhöhte sich dort die Bestäuberleistung. Diese positiven Entwicklungen passieren aber nicht von allein. Eine wichtige Voraussetzung ist, dass standortgerechte Saatgutmischungen verwendet werden und zudem angepasste Pflegemaßnahmen umgesetzt werden.
Hintergrund und Forschungsansatz
Der weltweit zu beobachtende Rückgang der Insektenpopulationen hat neben dem Biodiversitätsverlust auch Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Produktion, da Bestäubungsleistung und natürliche Schädlingsbekämpfung verloren gehen. Der Ausbau der erneuerbaren Energien führt zu veränderten Landnutzungen, die sich zusätzlich auf die Ökosystemleistungen auswirken werden.
Vor diesem Hintergrund wurde in Minnesota (USA) im Rahmen einer umfangreichen Feldstudie die Entwicklung von Blütenpflanzen und Insektengemeinschaften in neu angelegten Lebensräumen in Solarparks untersucht. Darüber hinaus wurde ermittelt, ob und wie sich diese Habitate auf die Bestäubungsleistung auf nahegelegenen Ackerflächen auswirken („Spillover“-Effekt). Walston et al. dokumentierten in den Jahren 2018 bis 2022 Beobachtungen zu den Insektengruppen Bienen und Wespen, Fliegen, Käfer, Nachtfalter und Schmetterlinge. Daneben wurden blühende Pflanzenarten erfasst.
Die beiden untersuchten Solarparks wurden im Jahr 2017 errichtet. Der Vegetationsbestand unter den Modulen wurde neu begründet, da die Flächen zuvor intensiv landwirtschaftlich genutzt worden waren. Beide Standorte wurden mit Glyphosat-Herbiziden vorbehandelt, um das Wachstum invasiver, nichtheimischer Arten zu verhindern. Es folgte eine zweimalige Einsaat einheimischer Gräser und Kräuter. Das Vegetationsmanagement umfasste saisonale Mahd und punktuelle Herbizidanwendungen.
Zahl der Bestäuberinsekten und Nützlinge verdreifachte sich
An beiden Solarstandorten wurden insgesamt 10.943 Nützlinge aus vier Ordnungen nachgewiesen. Die größten Insektengruppen waren Käfer (35,1 %), Schwebfliegen/Syrphiden (19,5 %) und Nachtfalter (17,2 %). Im Laufe der fünf Jahre wurden deutliche zeitliche Verschiebungen in der Insektengemeinschaft beobachtet.
Die Auswertungen belegen eine relativ schnelle Reaktion der Insektengemeinschaft auf die Wiederherstellung von Grünland. Am Ende des fünfjährigen Untersuchungszeitraums wurde eine durchschnittliche Zunahme der Artenzahl von Blütenpflanzen um das Siebenfache festgestellt. Die Zahl der Bestäuberinsekten und Nützlinge verdreifachte sich. Die Vielfalt der Insektengruppen nahm um durchschnittlich 13 Prozent pro Jahr zu. Walston et al. stellen heraus, dass die Abundanz einheimischer Bienen im Laufe der Studie um das Zwanzigfache – und damit am deutlichsten – zunahm.
Die Solarpark-Habitate hatten darüber hinaus positive Wirkungen auf den Bienenbesuch in den nahe gelegenen Sojabohnenfeldern. In benachbarten Transekten wurden ähnlich hohe Werte ermittelt, wie auf Sojabohnenfeldern im Umfeld von geschützten Grünlandflächen.
Damit kommt die Forschungsgruppe zu dem Schluss, dass der Lebensraum Solarpark zu einer Verbesserung der Bestäubungsleistung und damit der Sojabohnenproduktion beitragen könnte. Sie schlägt vor, dass künftige Solarparks auf ertragsschwachem Ackerland errichtet und als Lebensräume für Bestäuber gestaltet werden. So blieben hochwertige Böden für den Anbau von Nahrungsmitteln erhalten und ihre Produktivität verbessere sich.
Einordnung
Die Ergebnisse aus Minnesota zeigen, dass Solarparks geeignet sind, um eine erhebliche Steigerung der Insektenbiodiversität und der damit verbundenen Bestäubungsleistung zu erreichen. Die erhöhte Vielfalt wirkt sich nicht nur auf dem Solarpark selbst, sondern auch in der umgebenden Landschaft aus.
Die Studienergebnisse können nicht pauschal auf Solarparks in Deutschland übertragen werden, auch wenn grundsätzlich angenommen werden kann, dass ähnliche Maßnahmen ähnliche Effekte haben würden. Die Entwicklung des Vegetationsbestandes und die Besiedelung durch Insekten sind bei geringeren Niederschlägen oder anderen Temperaturverhältnissen als in Minnesota möglicherweise unterschiedlich. Zu berücksichtigen ist auch, dass in der Studie speziell an das Forschungsdesign angepasste Pflegemaßnahmen durchgeführt wurden. Zukünftige Forschungsarbeiten sollten daher praxisnahe Variationen im Vegetationsmanagement und ihren Einfluss auf Insektenpopulationen noch stärker in den Fokus rücken, um die Entwicklungen in tatsächlich existierenden Solarparks abzubilden.
Quelle: Walston, L.J., Hartmann, H.M., Fox, L., Macknick, J., McCall, J., Janski, J., Jenkins, L. (2024): If you build it, will they come? Insect community responses to habitat establishment at solar energy facilities in Minnesota, USA. Environmental Research Letters 19 (1). S. 13, (letzter Zugriff: 19.01.2024).