19.06.2019
K19 blickt auf den Naturschutz in der Energiewende
Mit „K19 – Naturschutz in der Energiewende“ ist das zweite Jahrbuch des KNE erschienen. In dem 230 Seiten starken Kompendium finden sich unter anderem ein gemeinsamer Beitrag von drei großen deutschen Umweltverbänden, Beiträge zur Solarforschung, Berichte aus der Arbeit des KNE und aufschlussreiche Beiträge zu Herausforderungen der Energiewende in Japan und Frankreich.
„K19 widmet sich der naturverträglichen Energiewende, also dem zentralen Thema in der Arbeit des KNE. Besonders vor dem Hintergrund, dass uns bis zum Jahr 2050 noch große Eingriffe in Natur und Landschaft bevorstehen, ist das ein hochaktuelles, vieldiskutiertes und durchaus auch konflikthaftes Themenfeld“, so Dr. Torsten Raynal-Ehrke, Direktor des KNE. „Das regelmäßig erscheinende Jahrbuch will über die Arbeit des KNE informieren, zur Versachlichung von Debatten beitragen, aber auch den Diskurs über neue Herausforderungen anregen. Dabei wird in jedem Jahrbuch ein neuer Schwerpunkt gesetzt. 2020 dreht sich alles um: Die Energiewende vor Ort,“ so Raynal-Ehrke weiter.
In dem abwechslungsreichen Jahrbuch K19 wird das Schwerpunktthema in 13 Artikeln auf unterschiedlichste Weise betrachtet. „Wir freuen uns, dass wir auch in dieser Ausgabe des KNE-Jahrbuchs viele renommierte Persönlichkeiten als Autorinnen und Autoren gewinnen konnten. So vielfältig wie die Autorenschaft ist, so überraschend und spannend ist die Bandbreite der Themen. Sie reicht von den Naturschutzkonflikten in der Energiewende, über den umweltverträglichen Rückbau von Windenergieanlagen in Frankreich und Deutschland, die Akzeptanzbemühungen für die Erneuerbaren in Japan bis hin zu neuesten Forschungen im Bereich der Solarenergie und der Nutzung von Strömungsenergie“, berichtet Anke Ortmann, Redakteurin des KNE-Jahrbuchs.
Zu Wort kommen die Vorsitzenden bzw. Präsidenten der drei großen deutschen Umweltverbände Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), Naturschutzbund Deutschland (NABU) und Deutscher Naturschutzring (DNR) in ihrem gemeinsamen Beitrag zu den Forderungen des Naturschutzes an die Energiewende. Professor Yasushi Maruyama von der Universität Nagoya zeigt auf, welche Ansätze in Japan entwickelt werden, um mehr Akzeptanz für die erneuerbaren Energien zu erreichen. Professor Frithjof Staiß und Maike Schmidt vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoffforschung Baden-Württemberg geben einen interessanten Einblick in die neuesten Entwicklungsansätze im Wind- und Solarbereich. Darüber hinaus kommen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des KNE zu Wort und berichten über die Arbeit des KNE.
Die K19-Redaktion dankt allen Autorinnen und Autoren sehr herzlich fĂĽr Ihre Mitarbeit und wĂĽnscht den Leserinnen und Lesern eine spannende und anregende LektĂĽre.
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- Sie finden das KNE-Jahrbuch auch hier.
07.06.2019
Zum Moratorium fĂĽr die Genehmigung von Windenergieanlagen in Brandenburg
Zu dem am 30. April 2019 mit dem „Ersten Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Regionalplanung und zur Braunkohlen- und Sanierungsplanung (RegBkPlG)“ eingeführten zweijährigen Moratorium* für die Errichtung von Windenergieanlagen in Brandenburg erklärt das Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE):
Die Absicht der Landesregierung mit einem Moratorium eine ungeordnete Errichtung von Windenergieanlagen zu verhindern, ist aus naturschutzfachlicher Sicht positiv zu beurteilen. Durch das Moratorium bleibt die Möglichkeit erhalten, die Windenergienutzung auf der Ebene der Regionalplanung räumlich zu steuern und zu konzentrieren. Die Errichtung der Anlagen kann somit auf geeignete, aus Sicht des Artenschutzes (z. B. Rotmilan) möglichst konfliktarme Bereiche gelenkt werden. Dadurch können artenschutzrechtliche Konflikte vermieden und die Akzeptanz von Windenergieprojekten vor Ort kann gefördert werden. Zugleich werden mit dem Moratorium die Landesplanungs- bzw. Genehmigungsbehörden von Einzelfallentscheidungen entlastet, was ebenfalls zu begrüßen ist.
Klimaschutz durch erneuerbare Energieträger und Naturschutz stehen jedoch nicht nur im Konflikt zueinander. Es ist zu erwarten, dass der Klimawandel auch zum Verlust zahlreicher Arten führen wird. Insoweit bedeutet die Reduktion der CO2-Emissionen, die mit der Windenergienutzung verbunden ist, eine – wenn auch mittelbare – Form des Artenschutzes. Was den zukünftig notwendigen Ausbau der Windenergie betrifft, kann das Moratorium dazu führen, dass auf einem großen Teil der Landesfläche in Brandenburg für zwei Jahre keine neuen Windenergieanlagen genehmigt werden können, da gegenwärtig die Wirksamkeit von vier der fünf Regionalpläne im Land gerichtlich beklagt wird.
Brandenburg ist das Bundesland, das in den Ausschreibungen des Jahres 2018 mit einem Anteil von 17 Prozent die meisten Zuschläge erhalten hat. Beschränkungen für Windenergie-Projekte in Gebieten mit offenbar günstigen bzw. wettbewerbsfähigen Bedingungen entfalten daher im Hinblick auf die Bekämpfung des Klimawandels eine besondere Brisanz.
Für den Arten- und Naturschutzes bleibt ein naturverträglicher Ausbau der Windenergie essenziell. Politische Maßnahmen zur besseren Steuerung müssen sich an diesem Ziel messen lassen. Die Wirkung des Moratoriums muss daher sorgfältig beobachtet werden, im Bedarfsfall sollte umsichtig nachgesteuert werden.
*= Das Moratorium setzt die Genehmigung von Windenergieanlagen für einen Zeitraum von zwei Jahren aus, wenn ein Regionalplan rechtskräftig unwirksam ist und zugleich ein Neuaufstellungsbeschluss für den Regionalplan öffentlich bekannt gemacht worden ist.
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09.04.2019
InsektenrĂĽckgang und Windenergieanlagen
In deutschen Medien wird gerade verstärkt über einen möglichen Zusammenhang des empirisch belegten Insektenrückgangs mit dem verstärkten Ausbau von Windenergieanlagen diskutiert. Teilweise wird der Zusammenhang als ernstzunehmendes Problem dargestellt, teilweise wird er aber auch vehement bezweifelt.
Was ist die Aussage der Studie?
Eine im Oktober 2018 veröffentlichte, interne Studie des Deutschen Institutes für Luft- und Raumfahrt (DLR) von Dr. Franz Trieb betrachtet auf der Basis von Literaturrecherchen, theoretischen Annahmen und statistischen Hochrechnungen die möglichen Auswirkungen der Rotoren von Windenergieanlagen (WEA) auf Insekten. Alle WEA in Deutschland zusammen töteten, so die Hypothese, pro Tag fünf bis sechs Milliarden Insekten bzw. 1.200 Tonnen Insekten pro Jahr beim Durchqueren der Rotoren während der warmen Jahreszeit. Daraus leitet der Autor ab, dass dies relevant für die Stabilität der gesamten Insektenpopulation sein könnte.
Wie ordnen andere Akteure die Studienergebnisse ein?
Mittlerweile haben sich verschiedene Akteure zu den Aussagen der Studie sowie zu möglichen Konsequenzen geäußert.
Landwirtschaftsvertreter, die selber wegen intensiver Bewirtschaftungsweisen unter Druck stehen („Insektensterben“), sehen die Windenergiebranche als (weiteren) Verursacher in der Pflicht (Quelle). Sie fordern einen Verträglichkeitsnachweis für WEA und dass die Branche Beiträge zur Verminderung der Verluste leisten solle.
Der Bundesverband Windenergie (BWE) hingegen kritisiert in einem Infopapier die Studie unter Verweis auf methodische Mängel. Es seien pauschalisierende Annahmen getroffen worden, eine empirische Grundlage fehle ebenso wie ein Bezug zum Gesamtinsektenbestand. Die Ursachen für den Insektenschwund lägen nicht bei der Windenergie. Ein Rückgang von Insekten sei schon diskutiert und beobachtet worden, als die Nutzung der Windenergie noch gar nicht begonnen hatte. Der BWE sieht die Windenergie in punkto Insektenrückgang nicht als Problemverursacher, sondern als Problemlöser. Die im Zuge der Errichtung von WEA umzusetzenden Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen würden Lebensräume für Insekten schaffen. Mit der durch den Ausbau der erneuerbaren Energien möglichen CO2-Minderung werde zudem die Biodiversität in Deutschland gestärkt.
Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) bemängelt in seinem Faktenpapier, dass die DLR-Studie die bereits vorliegenden Untersuchungen zu den Ursachen des Insektenrückgangs ignoriere. In diesen Studien werde nicht die Windkraft als Ursache identifiziert. Vom Insektenrückgang seien im Übrigen nicht nur fliegende, sondern auch bodenlebende Arten/Artengruppen betroffen. Es sei zudem ein Manko, dass kein Bezug zwischen den ermittelten Arten- und Individuenzahlen und dem Gesamtbestand hergestellt werde. Das BfN weist überdies darauf hin, dass ein Rückgang von Insekten weltweit feststellbar sei – also auch in Regionen, in denen es keine oder kaum WEA gebe. Ein kausaler Zusammenhang zwischen Windkraft und Insektenrückgang sei nicht belegt. Das BfN sieht daher keinen akuten Handlungsbedarf für Maßnahmen zum Schutz von Insekten vor Kollisionen mit Rotorblättern. Grundsätzlich würde ein Erkenntnisgewinn auf Grundlage empirischer Forschungen aber begrüßt werden.
Die fehlende Berücksichtigung von Vergleichszahlen zu den insgesamt vorhandenen Insekten (idealerweise der betroffenen Arten) in der DRL-Studie kritisiert auch der Naturschutzbund Deutschland (NABU, Lars Lachmann, mündl. 03.04.2018). Eine Ableitung einer tatsächlichen relevanten Gefährdung von Fluginsekten aus der absoluten Menge potenziell getöteter Insekten sei nicht möglich. Es gebe jedoch Vergleichszahlen, die eine relative Einschätzung von „Mengen“ und Zahlen ermöglichten.
Eine Studie von Nyffeler aus dem Jahr 2018 hat zum Beispiel ermittelt, dass allein von Vögeln in deutschen Wäldern 400.000 Tonnen Insekten gefressen werden. Der weit überwiegende Anteil sterbe jedoch – bei einer natürlichen Lebensspanne von wenigen Tagen bis Wochen – auf natürliche Weise. Die in der Studie genannten 1.200 Tonnen würden nur einen äußerst geringen Anteil der tatsächlichen Insektenbiomasse darstellen. Bereits einfache überschlägige wissenschaftliche Betrachtungen zeigten, dass es sehr unwahrscheinlich sei, dass die Windenergie eine nennenswerte Rolle für den allgemeinen Rückgang von Insekten spiele.
Neu sei der Gedanke der DLR-Studie, dass es spezielle Insektenarten geben könnte, die – etwa aufgrund ihrer Flughöhen – besonders betroffen sein könnten. Solche Arten seien aber bisher noch nicht identifiziert worden. Der in der Studie formulierte Vorschlag, ein „Barcoding“ von Insektenrückständen auf Rotorblättern durchzuführen, könnte diese Frage beantworten.
Fazit des KNE
Für die Hypothese der DLR-Studie, dass die Größenordnung der Verluste an Insekten durch Rotorblätter von Windenergieanlagen relevant für die Stabilität der gesamten Fluginsektenpopulation sein könnte, finden sich auf Grundlage bisheriger Untersuchungen keine empirischen Anhaltspunkte. Die Aussagekraft der DLR-Studie ist hypothetisch und insofern in ihrer Bedeutung für die Praxis stark begrenzt. Fakt ist derzeit nur: Es kommen – wie auch im Verkehr und an anderen beweglichen Teilen – Insekten zu Tode. Umfang und Relevanz dieses Geschehens auf den Bestand von fliegenden Insekten müssten in empirisch angelegten Forschungsvorhaben geklärt werden. Die bekannten und unbestreitbaren Hauptursachen des Insektenrückgangs dürfen jedoch hierdurch nicht aus den Augen verloren werden.
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