18.11.2020
Zur Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG 2021)
Dienen Windräder der öffentlichen Sicherheit? Eine europarechtliche Einordnung
Anlässlich der öffentlichen Anhörung zur Novelle des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes 2021 im Wirtschaftsausschuss des Deutschen Bundestages setzt sich das Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende mit einigen Naturschutzaspekten des EEG 2021 auseinander.Heute: öffentliche Sicherheit im europarechtlichen Kontext.
Der Entwurf zur Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes 2021 sieht vor, dass Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien im öffentlichen Interesse liegen und der öffentlichen Sicherheit dienen. In einer ersten Wortmeldung hatten wir bereits auf die strengen Voraussetzungen hingewiesen, die für die Erteilung einer Ausnahme von den artenschutzrechtlichen Verboten bei der Genehmigung einer Windenergieanlage erfüllt sein müssen. Dort hatten wir festgehalten, dass die Rolle des besonderen Artenschutzrechts in der Regelgenehmigung weiterhin unangetastet und die Ausnahme eine solche bleibt, da sie nur bei kumulativem Vorliegen ihrer strengen Voraussetzungen erteilt werden darf. Doch dient die Errichtung von Erneuerbare-Energien-Anlagen – auch aus einer europarechtlichen Perspektive – der öffentlichen Sicherheit? Die Formulierung im neu eingefügten § 1 Abs. 5 EEG 2021 zielt unter anderem darauf ab, mehr Rechtssicherheit bei der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen im Bereich des Artenschutzrechts für Windenergieanlagen an Land herzustellen. Dafür ist die europäische Vogelschutzrichtlinie (V-RL) und der dort festgeschriebene Begriff der öffentlichen Sicherheit als Ausnahmegrund von den Verbotstatbeständen entscheidend. Im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) findet der Begriff eine Entsprechung, sodass sowohl die V-RL als auch das BNatSchG grundsätzlich Ausnahmen von artenschutzrechtlichen Verboten im Interesse der öffentlichen Sicherheit zulassen. Durch den gesetzlichen Verweis im geplanten § 1 Abs. 5 EEG 2021 werden Behörden und Gerichte aufgefordert, ihren Entscheidungen auch die öffentliche Sicherheit als einen Abwägungsbelang zugrunde zu legen. Im Rahmen einer Ausnahmeprüfung wäre dies die Abwägung zwischen Artenschutz und dem Ausbau der erneuerbaren Energien. Diese gesetzliche Zweckbestimmung wirft rechtliche Fragen auf. Für die Auslegung europäischen Rechts und seiner Begriffe ist die Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) maßgeblich. Daher muss die Festschreibung der öffentlichen Sicherheit in § 1 Abs. 5 EEG 2021 im Lichte dieser Rechtsprechung betrachtet werden.Liegt Windenergie nach europäischer Lesart im Interesse der öffentlichen Sicherheit?
Die Gesetzesbegründung zu § 1 Abs. 5 EEG 2021 bezieht sich unter anderem auf die Europäische Kommission. Diese hat – bereits im Jahr 2012 – in einem Leitfaden festgestellt, dass Windparks im Interesse der öffentlichen Sicherheit stünden und deshalb Ausnahmen vom Artenschutz möglich seien (EU-Kommission, Leitfaden „Entwicklung der Windenergie und Natura 2000“, Dezember 2012, S. 20). Die Äußerungen der Kommission in Leitfäden haben allerdings lediglich empfehlenden Charakter, wie im Leitfaden eingangs selbst klarstellt wird. Eine rechtlich verbindliche Prägung hat der Begriff der öffentlichen Sicherheit zunächst in einer Entscheidung des EuGH zur Warenverkehrsfreiheit aus dem Jahr 1984 erfahren. Damals wurde entschieden, dass Energieerzeugnisse (hier: Erdölerzeugnisse) wegen ihrer außerordentlichen Bedeutung als Energiequelle in der modernen Wirtschaft wesentlich sind für die Existenz eines Staates, da nicht nur das Funktionieren seiner Wirtschaft, sondern vor allem auch das seiner Einrichtungen und seiner wichtigen öffentlichen Dienste und selbst das Überleben seiner Bevölkerung von ihnen abhängen (EuGH, Urteil vom 10. Juli 1984, 72/83, Rn. 34 juris). Die Gesetzesbegründung des geplanten EEG 2021 bezieht sich maßgeblich auf dieses EuGH-Urteil, überträgt die Grundsätze auf die Stromversorgung und postuliert, dass die Stromversorgung für das Funktionieren der öffentlichen Verwaltung, des Gesundheitssystems und die Versorgung der Bevölkerung sowie für jegliche moderne Kommunikation zwingend erforderlich sei. Im Sinne dieser Argumentation hält der EuGH in einer späteren Entscheidung, und nun auch im Hinblick auf die Stromversorgung, für das Habitatschutzrecht eine Beeinträchtigung eines prioritären natürlichen Lebensraumtyps oder einer prioritären Art im Sinne der Habitatrichtlinie für gerechtfertigt, wenn sie der Abwehr einer tatsächlichen und schwerwiegenden Gefahr der Unterbrechung der Stromversorgung des betreffenden Mitgliedstaates dient (EuGH, Urteil vom 29. Juli 2019 – C-411/17 –, Rn. 158, juris). Einer Übertragung dieser Argumentation auf die Errichtung von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien wird in der laufenden Diskussion zwar teils entgegengesetzt, dass die Versorgungssicherheit mit Strom auch bei einem Rückgang der Kohleverstromung gewährleistet sei, weshalb die Versorgungssicherheit an sich gar nicht gefährdet sei, wenn beispielsweise einzelne Windenergieanlagen oder auch einzelne Windparks nicht im Wege der Ausnahme genehmigt und betrieben würden. Diese Argumentation überzeugt aber nicht vor dem Hintergrund eines in relativ wenigen Jahren zu bewältigenden allumfassenden Ausstiegs aus der Kohleverstromung – möglicherweise binnen eines Jahrzehnts. In einem anderen Kontext (freier Kapitalverkehr) legt der EuGH für die Bestimmung des Begriffs der öffentlichen Sicherheit ein enges Verständnis zugrunde. Hiernach könne die öffentliche Sicherheit nur geltend gemacht werden, wenn eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (EuGH, Urteil vom 4. Juni 2002 – C-503/99 –, juris Rn. 47; EuGH, Urteil vom 14. März 2000 – C-54/99 –, juris). Im Hinblick auf die Sicherheit der Energieversorgung wird Letzteres in einem Urteil aus dem Jahr 2012 ebenfalls zur Bedingung gemacht (EuGH, Urteil vom 08. November 2012 – C-244/11 –, juris Rn. 67 m. w. N.). Die aufgestellte Voraussetzung einer hinreichend schweren Gefährdung, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, klingt zunächst nach einer sehr hohen Hürde. Allerdings öffnet eine Auseinandersetzung mit dieser Sichtweise des EuGH auf den Begriff der „öffentlichen Sicherheit“ weitere Gesichtspunkte. Denn bisher kommt in der aktuellen Diskussion zu kurz, dass die Versorgungssicherheit mit Strom aus europarechtlicher Perspektive wohl lediglich eine hinreichende Bedingung zur Einschränkung von europäischen Schutzvorschriften sein kann, es aber nicht zwingend die einzig mögliche einschränkende Bedingung sein muss. Maßgeblich ist, dass die Interessen der öffentlichen Sicherheit dann berührt sind, wenn Grundinteressen der Gesellschaft betroffen sind. Im Hinblick auf den fortschreitenden Klimawandel werden die Grundinteressen der Gesellschaft auf mannigfaltige Weise betroffen. So werden nicht nur versorgungssichernde Aspekte und kritische Infrastrukturen berührt, sondern auch solche der menschlichen Gesundheit, der Umwelt und auch der Wirtschaft. Die Energiewende dient nicht nur der gesicherten Versorgung mit erneuerbarem Strom, sie ermöglicht auch den Ausstieg aus der klimaschädlichen Kohleverstromung. Im Kontext des Klimawandels gewinnt aus dieser Perspektive auch jede einzelne Windenergieanlage an Relevanz, denn hier geht es nicht „nur“ um die Versorgung der verschiedenen Sektoren eines Landes mit Strom, sondern darüber hinaus um das Einsparen von Treibhausgasen, die durch eine fossil-gestützte Energieversorgung freigesetzt würden und durch die der Klimawandel weiter fortschreiten würde. Dementsprechend räumt auch der EuGH der Förderung erneuerbarer Energiequellen aus Klimaschutzgründen und zur Diversifizierung der Energieversorgung eine hohe Priorität ein (EuGH, Urteil vom 4. Mai 2016 – C-346/14 –, Rn. 73, juris). Jede einzelne Windenergieanlage trägt zur Versorgung mit erneuerbarem Strom bei und leistet gleichzeitig einen Beitrag zur Einsparung von Treibhausgasen.Fazit des KNE
- Noch gibt es keine Aussage des Europäischen Gerichtshofes dazu, ob Windenergieanlagen dem Interesse der öffentlichen Sicherheit im Sinne der Vogelschutzrichtlinie dienen.
- Der Klimawandel stellt aber eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung dar, die die Grundinteressen unserer Gesellschaft berührt. Er hat mannigfaltige bedrohliche Auswirkungen, deren Faktizität von Jahr zu Jahr deutlicher wird, sodass die Umsetzung der völkerrechtlichen Verpflichtungen aus dem Pariser Übereinkommen ein zeitgenössisches Verständnis von öffentlicher Sicherheit nachgerade gebietet.
- In diesem Sinne ist der Ausnahmegrund der öffentlichen Sicherheit durchaus geeignet, im Zusammenspiel mit den weiteren Regelungselementen der Vogelschutzrichtlinie und mit den übrigen Vorgaben des Europa- und Bundesrechts die Genehmigung von Windenergieanlagen in einen Einklang mit dem Schutz europäischer Vogelarten zu bringen.
17.11.2020
Mindestabstände dürfen Windenergie nicht in sensible Naturräume drängen
Leitsätze
- Je weiter die Windenergienutzung von den Siedlungsgebieten entfernt stattfinden soll, desto weiter wird sie in Naturräume mit artenschutzrechtlichen Konflikten gedrängt.
- Die Akzeptanz vor Ort wird durch pauschale Abstände nachweislich nicht erhöht.
- Der Schutzabstand einer Windenergieanlage zu Wohnbebauungen sollte nicht über das Maß hinausgehen, das sich – für die jeweilige Generation der Windenergieanlage – aus Lärmschutzgründen und nach dem baurechtlichen Rücksichtnahmegebot ergibt.
1. Die neue Länderöffnungsklausel im Baugesetzbuch
Am 14. August 2020 ist das „Gesetz zur Vereinbarung des Energieeinsparrechts für Gebäude und zur Änderung weiterer Gesetze“ in Kraft getreten. Mit Artikel 2 des Gesetzes wurde § 249 Absatz 3 Baugesetzbuch (BauGB) neu gefasst. Hiernach können die Länder durch Landesgesetze bestimmen, dass Vorhaben zur Nutzung der Windenergie nur dann die Privilegierung im Außenbereich nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB genießen, wenn sie einen Mindestabstand zu bestimmten Arten der Wohnbebauung einhalten. Der auf Landesebene festgelegte Mindestabstand darf bis zu 1.000 Metern betragen.2. Folgen für die Flächenverfügbarkeit
Was aber wäre die Folge solcher Mindestabstände zur Wohnbebauung, vor allem, wenn das zulässige Maß von 1.000 Metern ausgeschöpft wird?[1] Das Umweltbundesamt hatte bereits vor dem Gesetzesvorhaben angesichts der schon damals schwelenden Diskussion untersucht, inwieweit solche Mindestabstände die aktuell auf Regionalplanungsebene ausgewiesenen Flächen für die Windenergie beschneiden würden. Das Ergebnis: Pauschale Abstände, die über das Maß hinausgehen, die aus Lärmschutzgründen und nach dem baurechtlichen Rücksichtnahmegebot notwendig sind, führen bei der Mehrheit der deutschen Bundesländer zu einer deutlichen Reduzierung der ausgewiesenen Flächen.[2] In Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen beispielsweise verblieben schon bei 600 Metern nur noch etwa 40 Prozent der derzeit geplanten Windflächen, bei 800 Metern weniger als 20 Prozent und bei 1.000 Metern Abstand in Nordrhein-Westfalen gar nur noch etwa 15 Prozent und in Schleswig-Holstein sogar weniger als 10 Prozent.[3] Das entspräche dann schon fast bayerischen Verhältnissen, wo der Windenergieausbau seit der Einführung der 10-H-Regelung praktisch zum Erliegen gekommen ist. Dass Windenergieanlagen angesichts ihrer Höhe, Rotationsbewegung und Lärm-Emissionen nur mit einem gewissen Schutzabstand zur Wohnbebauung errichtet werden sollten, ist ein zweifellos berechtigtes Anliegen. Während man vor wenigen Jahrzehnten noch ohne großes Zögern Kohlekraftwerke mitten in den Städten errichtete[4], war bei der Gesetzgebung zur Windenergie bereits klar: Die Anlagen müssen aus Rücksicht auf die dort lebenden Menschen außerhalb von Siedlungsgebieten stehen. Das öffentliche Interesse an einem verstärkten Ausbau der Windenergienutzung sollte aber gleichfalls gesetzlich manifestiert werden. Anlagen zur Nutzung der Windenergie erhielten daher mit § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegiertes Baurecht im Außenbereich. Unvermeidliche Folge dieser Rücksichtnahme auf den Menschen ist nur eben auch: Je weiter die Windenergienutzung von den Siedlungsgebieten entfernt stattfinden soll, desto weiter wird sie in die Naturräume gedrängt. Soll die Energiewende umgesetzt werden, müssen die für die Windenergienutzung ausgewiesenen Flächen, die durch Mindestabstände wegfallen würden, an anderer Stelle neu ausgewiesen werden. Die Flächen für die Windenergienutzung würden also zwangsläufig weiter in die Naturräume verlagert, wo es unweigerlich zu artenschutzrechtlichen Konflikten käme. Schon jetzt, ohne pauschale Mindestabstände, werden die Flächen ohne maßgebliche Artenschutz-Konflikte immer knapper.[5] Demgegenüber hat sich jedoch gezeigt, dass sich die Akzeptanz vor Ort durch pauschale Abstände entgegen der Intention des Gesetzgebers nicht erhöht. Als viel wirkungsvoller erweisen sich in Sachen Akzeptanzförderung unter den Anwohnenden eine frühe und faire Beteiligung sowie finanzielle Teilhabe.[6] Diese Zusammenhänge zeigen sich auch in der Beratungstätigkeit des KNE sehr deutlich. Geht es um die Akzeptanz unter den Anwohnenden, sind pauschale Siedlungsabstände nicht das richtige Mittel. Nun ist das Gesetz allerdings Realität. Inwieweit es in den einzelnen Bundesländern noch politischen Spielraum gibt, geringere Abstände als die möglichen 1000 Meter festzulegen, bleibt zu beobachten.3. Chance moderater Mindestabstände: Nebeneffekt in Raumordnung und Bauleitplanung
Ein möglicher Weg, die Länderöffnungsklausel sinnvoll zu nutzen, und dennoch die Windenergie nicht weiter als unvermeidbar in die Naturräume zu verlagern, könnte in der Festlegung moderater Mindestabstände, deutlich unter 1.000 Meter, liegen. Das Maß müsste sich dafür vor allem an den bau- und immissionsschutzrechtlich ohnehin erforderlichen Abständen von Windenergieanlagen der aktuellen Generation orientieren. Solche moderaten Mindestabstände zur Wohnbebauung hätten einen nicht zu vernachlässigenden Nebeneffekt im Bereich der Raumordnung und der Bauleitplanung. Beide stehen vor dem Dilemma, dass sich bislang kein Vorgehen herauskristallisiert hat, harte Tabuzonen um Wohngebiete herum rechtssicher festzulegen. Immer wieder werden von den Gerichten Planungsfehler festgestellt, die je nach Konstellation und Gericht zur Unwirksamkeit der betroffenen Pläne führen können.[7] Die Gerichte verlangen zwar die Festsetzung harter Tabuzonen um Wohngebiete, wo Errichtung und Betrieb von Windenergieanlagen aufgrund des Immissionsschutzes oder des baurechtlichen Rücksichtnahmegebotes rechtlich ausgeschlossen ist.[8] Ungeklärt ist jedoch, wie sich das Maß dieser Schutzabstände rechtssicher bestimmen lässt.[9] Gerungen wird zum Beispiel um die Frage, ob die Schutzzonen um Wohnbebauung anhand von Referenzanlagen hinsichtlich ihrer potenziell bedrängenden Wirkung oder hinsichtlich ihrer Schall-Emissionen bestimmt werden sollen. Die Planungspraxis harrt – wie wir aus Gesprächen mit Praktikern wissen – bei beiden Varianten bereits der Klagen gegen ihre Festlegungen, weil von den Gerichten nur entschieden, nicht aber begründet wurde, weshalb gerade bei Abständen bis zum Zweifachen der Anlagenhöhe sicher von einer bedrängenden Wirkung auszugehen[10], bei Abständen ab dem Dreifachen der Anlagenhöhe eine bedrängende Wirkung auszuschließen sein soll.[11] Nicht ersichtlich ist auch, weshalb mit Blick auf die Schall-Emissionen einer Referenzanlage von deren Regelbetrieb ausgegangen werden kann[12] und nicht ein – durchaus üblicher – schallreduzierter Betrieb angenommen werden müsste. Immerhin geht es hier um die Bestimmung der Flächen, auf denen die Windenergienutzung rechtlich ausgeschlossen ist. Ein gesetzlich festgelegter Mindestabstand zur Wohnbebauung würde als Schutzabstand klar eine harte Tabuzone definieren, da dann innerhalb des entsprechenden Abstands die Nutzung von Windenergie ohne Interpretationsspielraum rechtlich ausgeschlossen wäre. Alle weiteren Debatten um die richtige Referenzanlage, die Grenze zur bedrängenden Wirkung sowie zu einem immissionsschutzrechtlichen Ausschlussbereich wären damit gegenstandslos. Regional- und Bauleitpläne hätten ein Risiko der Unwirksamkeit weniger zu tragen.Fazit
Die naturverträgliche Energiewende ist eine der großen Herausforderungen unserer Zeit. Die Windenergienutzung mit umfangreichen pauschalen Abständen zur Wohnbebauung immer weiter in die Naturräume zu drängen, würde die Erreichung dieses Ziels massiv gefährden. Das KNE plädiert daher dafür, die Länderöffnungsklausel mit Bedacht zu nutzen, und dabei dringend darauf zu achten, dass möglichst zwei Prozent der Landfläche für die Nutzung der Windenergie verfügbar bleiben, ohne weiter in Naturräume eindringen zu müssen, die unter Artenschutzgesichtspunkten sensibel sind. Eine Chance, die neue Länderöffnungsklausel sinnvoll zu nutzen – weniger im Interesse der Akzeptanz als zugunsten der Regional- und der Bauleitplanung –, sehen wir in der Festlegung moderater Mindestabstände, die insbesondere in Ländern mit hoher Siedlungsdichte deutlich unter 1.000 Metern liegen sollten. Zur wirksamen Förderung der Akzeptanz in der anwohnenden Bevölkerung empfehlen wir frühe und faire Beteiligungsverfahren und die Sicherstellung regionaler Wertschöpfung. [1] In Thüringen liegt bereits seitens der CDU-Fraktion ein Gesetzentwurf über einen einheitlichen Mindestabstand von 1.000 Metern vor: http://www.parldok.thueringen.de/ParlDok/dokument/77350/drittes_gesetz_zur_aenderung_der_thueringer_bauordnung_einfuehrung_einer_abstandsregelung_von_windkraftanlagen_zur_wohnbebauung.pdf, letzter Abruf: 28.10.2020. [2] Analyse der kurz- und mittelfristigen Verfügbarkeit von Flächen für die Windenergienutzung an Land, Umweltbundesamt (Hrsg.), Juni 2019: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/376/publikationen/climate_change_38_2019_flaechenanalyse_windenergie_an_land.pdf; Auswirkungen von Mindestabständen zwischen Windenergieanlagen und Siedlungen – Auswertung im Rahmen der UBA-Studie „Flächenanalyse Windenergie an Land“, Umweltbundesamt (Hrsg.), März 2019: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2019-03-20_pp_mindestabstaende-windenergieanlagen.pdf. [3] Analyse der kurz- und mittelfristigen Verfügbarkeit von Flächen für die Windenergienutzung an Land, Umweltbundesamt (Hrsg.), Juni 2019: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/376/publikationen/climate_change_38_2019_flaechenanalyse_windenergie_an_land.pdf, S. 94. Eine Studie im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums kommt zu dem Schluss, dass durch einen Mindestabstand von 1.000 Metern, je nachdem ob er auch bezogen auf Wohnbebauung im Außenbereich gelten soll, im Bundesdurchschnitt 10 bis 40 Prozent der bislang zur Nutzung der Windenergie ausgewiesen Flächen verloren gingen, auch hier mit sehr großen regionalen Unterschieden – je nach Siedlungsdichte mit Verlusten in NRW von ca. 75 Prozent, in Schleswig-Holstein bis zirka 95 Prozent. Wissenschaftliche Fundierung der Beratungen zu Abstandsregelungen bei Windenergie an Land, Navigant Energie Germany GmbH in Zusammenarbeit mit Fraunhofer IEE (2019), S. 25 ff.: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Studien/wissenschaftliche-fundierung-der-beratungen-zu-abstandsregelungen-bei-windenergie-an-land.pdf?__blob=publicationFile&v=4, letzter Abruf: 30.10.2020. [4] So zum Beispiel das Heizkraftwerk Reuter West in Berlin, Ende der 1980er Jahre. [5] So beruhen nach einer Umfrage der FA-Wind fast drei Viertel aller Klagen gegen Windenergieprojekte auf Artenschutz-Gesichtspunkten: FA Wind (2019): Hemmnisse beim Ausbau der Windenergie in Deutschland –Ergebnisse einer Branchenumfrage, https://www.fachagentur-windenergie.de/fileadmin/files/Veroeffentlichungen/Analysen/FA_Wind_Branchenumfrage_beklagte_WEA_Hemmnisse_DVOR_und_Militaer_07-2019.pdf [6] Hübner, G., Pohl, J., Hoen, B., Firestone, J., Rand, J., Elliott, D., Haac, R. (2019): Monitoring annoyance and stress effects of wind turbines on nearby residents: A comparison of U.S. and European samples. In: Environment International 132, 2019, S. 1-9; siehe hierzu auch unsere Wortmeldung zur Studie von Hübner et al. vom 4. Februar 2020 „Fairness ist wichtiger als 1.000 Meter Mindestabstand“: https://www.naturschutz-energiewende.de/kompetenzzentrum/presse/pressemitteilungen/fairness-wichtiger-als-1-000-meter-mindestabstand/. [7] So z. B. OVG Lüneburg, Urteile vom 7. Februar 2020 – 12 KN 75/18 und vom 25.4.2019 – 12 KN 22/17, Rn. 80 m.w.N.; OVG Münster, Urt. v. 5.7.2017 – 7 D 105/14.NE, Rn. 41 ff.; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23. Mai 2019 – OVG 2 A 4.19 –, Rn. 138. (Hier wird zumindest angenommen, dass sich die falsche Differenzierung zwischen harten und weichen Tabuzonen in Bezug auf die Abstände zur Wohnbebauung nicht auf das Planungsergebnis ausgewirkt habe.); OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 5.7.2018 – OVG 2 A 2.16, Rn. 96; OVG Magdeburg Urteil vom 21. Oktober 2015 – 2 K 109/13, Rn. 44 ff; OVG Schleswig, Urteil vom 20. Januar 2015 – 1 KN 6/13, Rn. 65. [8] BVerwG, Urteil vom 11. April 2013 - 4 CN 2.12, Rn. 8; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 5.7.2018 – OVG 2 A 2.16, Rn. 96. [9] Zu den Erfordernissen im Einzelnen und m.w.N. siehe Nils Wegner, Fehlerquellen von Windkonzentrationszonenplanungen – ein Update, Würzburger Berichte zum Umweltenergierecht Nr. 37 vom 14.12.2018, S. 9. [10] OVG Münster, Urteil vom 9.8.2006 - 8 A 3726/05; dem folgend OVG Lüneburg, bspw. Urteile vom 13.7.2017 – 12 KN 206/15, Rn. 37 ff. und vom 26.10.2017 – 12 KN 119/16, Rn. 80. [11] Noch einmal klarstellend OVG Lüneburg, Urteil vom 13.7.2017 – 12 KN 206/15, Rn. 42. [12] OVG Münster, Urt. v. 5.7.2017 – 7 D 105/14.NE, Rn. 46 ff.; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 5.7.2018 – OVG 2 A 2.16, Rn. 96.30.10.2020
Die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG 2021) – Wird die Ausnahme jetzt zur Regel?
Hinweis: Diese Wortmeldung bezieht sich auf einen Referentenentwurf. Im EEG 2021 ist der § 1 Abs. 5 EEG 2021 entfallen.
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Was bedeutet es, wenn erneuerbare Energien im Interesse der öffentlichen Sicherheit liegen?
Anlässlich der beginnenden parlamentarischen Beratungen des Bundestages zur Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes 2021 setzt sich das Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende mit einigen Naturschutzaspekten des EEG 2021 auseinander.Heute: der Kontext der öffentlichen Sicherheit im neuen § 1 Abs. 5 EEG 2021.
Damit Deutschland seine Klimaschutzziele erreicht, muss der Ausbau erneuerbarer Energien deutlich beschleunigt werden. Der neue Paragraf 1 Absatz 5 des EEG 2021 sieht vor, dass die Errichtung von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien im öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient. Auf den ersten Blick scheint dies selbstverständlich, denn die Energiewende ist kein Selbstzweck. Der umfassende Umstieg auf die Nutzung erneuerbarer Energien dient dazu, die sich deutlich abzeichnenden bedrohlichen Auswirkungen eines weiteren Klimawandels zu verhindern. Der neu eingefügte Passus des § 1 Abs. 5 soll insbesondere den Ausbau der Windenergie erleichtern. Windenergieanlagen können nur errichtet und betrieben werden, wenn dadurch nicht gegen die artenschutzrechtlichen Verbote und insbesondere nicht gegen das Verbot, eine besonders geschützte Art zu töten, verstoßen wird. Kommt es zu einem Verstoß, kann eine artenschutzrechtliche Ausnahme vom Tötungsverbot erteilt werden. Die Ausnahme – nach § 45 Abs. 7 Bundesnaturschutzgesetz – soll im Einzelfall Verbotstatbestände überwinden und Projekte zulassen, obwohl sie im Hinblick auf die artenschutzrechtlichen Vorgaben der Regelgenehmigung gescheitert sind. Wenn Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien im öffentlichen Interesse lägen und der öffentlichen Sicherheit dienten, wäre damit ein Ausnahmegrund gegeben. Denn das Bundesnaturschutzgesetz und die europäische Vogelschutzrichtlinie ermöglichen Ausnahmen im Interesse der öffentlichen Sicherheit. Ausnahmen im Bereich der Windenergie wurden bislang auf den Ausnahmegrund der „anderen zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art“ gestützt. Dieser Ausnahmegrund findet sich im Bundesnaturschutzgesetz, hat allerdings keine Entsprechung in der EU-Vogelschutzrichtlinie, weshalb die Regelung von der Judikative teils als nicht europarechtskonforme Umsetzung der Richtlinie angesehen wird. Dieser Rechtsunsicherheit sucht der neue § 1 Abs. 5 EEG 2021 entgegenzuwirken. Die Vorschrift bezieht sich nicht auf die Regelgenehmigung, sondern nur auf den Ausnahmefall. Sie ist im Hinblick auf den Artenschutz nur in der Zusammenschau mit den Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes und der Vogelschutzrichtlinie richtig einzuordnen. Eine Ausnahme ist allerdings – auch bei Vorliegen eines Ausnahmegrundes – nicht ohne Weiteres zu erlangen. Es müssen weitere Voraussetzungen erfüllt sein: Es darf keine zumutbaren Alternativen geben, und der Erhaltungszustand der Population der Art darf sich nicht verschlechtern, wofür populationsstützende Maßnahmen vorgesehen werden können. Auch mit der neuen Vorschrift bleibt es in Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen grundsätzlich bei einem Regelgenehmigungsverfahren und einer individuenbezogenen Risikobetrachtung.Fazit
Es gibt gute Gründe, die dafürsprechen, dass der zügige Ausbau der erneuerbaren Energien im Interesse der öffentlichen Sicherheit liegt. Nur ein beschleunigter Erneuerbaren-Ausbau kann angesichts des Ausstiegs aus Kernenergie und Kohleverstromung die Versorgungssicherheit gewährleisten. Zudem werden negative Folgen des Klimawandels – von Beeinträchtigungen der Gesundheit bis zu volkswirtschaftlichen Schäden – abgemildert. Der besondere Artenschutz wird mit dem neuen Paragrafen nicht unterwandert. Die Rolle des besonderen Artenschutzrechts in der Regelgenehmigung bleibt unangetastet, und die Ausnahme bleibt eine solche, da sie nur bei kumulativem Vorliegen ihrer strengen Voraussetzungen erteilt werden darf. Der Frage, inwieweit eine mitgliedstaatliche Festschreibung der öffentlichen Sicherheit für er-neuerbare Energien juristisch zulässig ist, wird das KNE in einer weiteren Wortmeldung nachgehen.14.10.2020
Kamera- und Radarsysteme an Windenergieanlagen sollen Vögel gezielt schützen und pauschale Abschaltungen reduzieren
Anhand welcher Kriterien und Maßstäbe lässt sich die fachliche Eignung und Wirksamkeit von automatischen Detektions- und Abschaltsystemen an Windenergieanlagen zum Schutz von Vögeln beurteilen? Auf Grundlage einer Expertenbefragung hat das Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE) im Rahmen eines Forschungsprojekts dazu Empfehlungen erarbeitet.
Kamera- und Radarsysteme müssen eine hohe Wirksamkeit aufweisen, wenn sie im Genehmigungsverfahren einer Windenergieanlage eingesetzt werden sollen, um das Kollisionsrisiko unter die Signifikanzschwelle zu senken. Nähert sich der Windenergieanlage ein Exemplar einer für die Genehmigung relevanten kollisionsgefährdeten Vogelart, für die ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko nachgewiesen ist, so muss dies rechtzeitig erkannt werden, um kurzfristig eine Abschaltung vorzunehmen.
„Für die fachliche Eignung und Anerkennung kommt es darauf an, dass die Systeme so leistungsfähig und zuverlässig sind, dass sie eine hohe Erfassungsrate, geringe Fehl-Erkennungsraten und möglichst geringe Ausfallzeiten aufweisen. Von der jeweiligen Topografie und von Sichtverschattungen am Standort wird es abhängen, ob eine ausreichende Raumabdeckung erreicht werden kann. Im Falle von Fehlfunktionen oder Ausfällen der Kamera können Regeln vorgesehen werden, wonach man auf pauschale Abschaltungen zurückfällt und damit den Schutz der Arten sicherstellt“, fasst KNE-Expertin Dr. Elke Bruns die Ergebnisse zusammen. Ein hundertprozentiger Schutz sei rechtlich allerdings nicht geboten. Zudem müsse die Beurteilung der Wirksamkeit im Einzelfall für Gutachter und Behörden mit vertretbarem Aufwand praktikabel bleiben.
„Je sicherer das System nicht nur ein ,Flugobjekt‘ erfasst, sondern unterscheiden kann, um welche kollisionsgefährdete Vogelart es sich handelt, desto eher trägt eine kurzzeitige automatisierte Abschaltung zur Reduzierung pauschaler und wesentlich längerer Abschaltzeiten in bestimmten Jahres- und Brutzeiten bei“, so Bruns weiter, “das kann sich für die Betreiber sogar finanziell lohnen, wie erste Berechnungen zeigen.“
Im Rahmen des Projektes haben ARSU GmbH und 8.2 Ingenieurbüro Holzmüller einen Ansatz entwickelt, mit dem der Ertragsausfall für Betreiber überschlägig ermittelt werden kann. „Die Ergebnisse zeigen, dass der durch automatische bedarfsgerechte Abschaltung verursachte Ertragsausfall in den betrachteten Szenarien im Vergleich zu pauschalen Abschaltungen um ein Vielfaches geringer ist“, resümiert Bruns. Selbst bei einer vergleichsweise hohen Anzahl von durchschnittlich 20 Abschaltungen pro Tag liege der Ertragsausfall für den Betreiber bei weniger als einem Zehntel im Vergleich zu pauschalen Abschaltungen. Im Mittel aller sechs betrachteten Standorte konnte der Ausfall von 28,6 Prozent auf 2,3 Prozent reduziert werden. Dieser Mittelwert dürfe jedoch nicht überdecken, dass es zwischen einzelnen Standorten beträchtliche Unterschiede gebe.
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Hintergrund
Automatische Überwachungs- und Abschaltsysteme an Windenergieanlagen haben sich in den letzten Jahren deutlich weiterentwickelt. Bisher gelten sie aber nur in wenigen Bundesländern als mögliche Schutzmaßname, mit der Vogelkollisionen vermindert werden können. Vor der Anerkennung als Vermeidungsmaßnahme sollen noch weitere Erprobungen durchgeführt werden. Die Ergebnisse dieser Erprobungen gilt es zu beurteilen. Im Rahmen des Forschungsprojekts wurden Expertinnen und Experten in vier Workshops gebeten, Kriterien und Maßstäbe für die Beurteilung der Wirksamkeit der Maßnahmen zu benennen und Empfehlungen für den Vollzug zusammenzutragen. Die vorläufigen Ergebnisse stoßen offenbar auf großes Interesse: So haben sich über 180 Teilnehmerinnen und Teilnehmer für die KNE-Online-Veranstaltung am 14.10.2020 angemeldet. Finanziert wurde das Projekt vom Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. Das KNE Das 2016 gegründete Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE) ist eine von der Umweltstiftung Michael Otto getragene und vom Bundesumweltministerium finanzierte Einrichtung. Zweck der gemeinnützigen GmbH ist die Unterstützung einer naturverträglichen Energiewende vor Ort. Das KNE bietet Beratung und umfangreiche Fachinformationen an, es organisiert Dialog und Austausch, und vermittelt, wenn es beim Ausbau der erneuerbaren Energien zu Konflikten kommt, speziell ausgebildete Mediatorinnen und Mediatoren.06.10.2020
Ja, Podcast machen wir jetzt auch!
Welche Herausforderungen sich aus der Energiewende für den Artenschutz ergeben und wie Naturschutzkonflikte bei der Umsetzung vor Ort vermieden werden können – das sind Themen, die das KNE ab sofort auch in einer Podcast-Reihe beleuchten wird. Los geht es heute, am 6. Oktober 2020. Im zweiwöchigen Rhythmus reflektieren die Moderatoren Dr. Torsten Raynal-Ehrke, Direktor des KNE, sowie Geschäftsführer Michael Krieger die Arbeit des KNE und diskutieren mit ihren Gästen, wie Naturschutz und erneuerbare Energien gemeinsam vorangebracht werden können.
„Der Umstieg von fossilen auf erneuerbare Energien zählt zu den größten gesellschaftlichen Herausforderung unserer Zeit. Das KNE ermöglicht den Dialog darüber, wie dabei negative Auswirkungen auf Natur und Tierwelt minimiert werden können. Mit unserem Podcast wollen wir auf unterhaltsame Weise Fachinformationen weitergeben, Debatten versachlichen helfen und den einen oder anderen Denkanstoß in den Alltag der Energiewende mitgeben“, betont Raynal-Ehrke.
Allen, denen die Zeit fehlt, umfangreiche Studien zu lesen, bietet der KNE-Podcast "Naturschutz und Energiewende" schon beim Frühstück, im Bad oder auf dem Weg zur Arbeit die Möglichkeit, sich kompakt zu informieren.
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Was, wann und wo?
Die erste Folge ist seit heute online verfügbar. Im 14-tägigen Rhythmus wird es eine neue Folge geben.- Zum KNE-Podcast auf unserer Internetseite.
- Zu hören ist der KNE-Podcast „Naturschutz und Energiewende“ auch auf den gängigen Plattformen wie Spotify, Google Podcasts, Deezer, per RSS-feed oder Amazon Music/Audible.
- Verfügbar ab dem 6. Oktober 2020.
- Verfügbar ab dem 20. Oktober 2020.
- Verfügbar ab dem 3. November 2020.
23.09.2020
EEG 2021: Flächenverfügbarkeit wird zur zentralen Herausforderung der Energiewende
„Wir brauchen einen neuen Konsens aller Beteiligten, um den Ausbau der Erneuerbaren zu beschleunigen und zugleich die hohen Standards des Artenschutzes und die Akzeptanz der Bevölkerung aufrecht zu erhalten“, betont KNE-Direktor Dr. Torsten Raynal-Ehrke anlässlich der heute vom Bundeskabinett beschlossenen EEG-Reform.
„Eine frühzeitige Einbindung und transparente Planung von Erneuerbare-Energien-Anlagen sind der Schlüssel, um Konflikten vor Ort vorzubeugen. Naturschutz und Energiewende dürfen sich dabei nicht auseinanderdividieren lassen. Durch verlässliche Fachinformation, die Versachlichung von Debatten und individuelle Beratung bei Konflikten vor Ort wird das KNE einen wichtigen Beitrag leisten, um ausgewiesene Flächen unter angemessener Berücksichtigung des Naturschutzes auch tatsächlich für den Ausbau der erneuerbaren Energien nutzbar zu machen. In diesem Kontext spielen auch technische Lösungen wie die Kamera- und Radarsysteme an Windenergieanlagen zur Vermeidung von Vogelkollisionen eine Rolle. Diese können auch bei der Exploration neuer Windenergieflächen eingesetzt werden, beispielsweise bei der Identifikation konfliktarmer Flächen für den Windenergieausbau“, so Raynal-Ehrke.
Die in Paragraph 99 EEG 2021 vorgeschlagene verbesserte Bund-Länder Koordination sei ein wichtiger und überfälliger Schritt, um mehr geeignete Flächen auszuweisen, die Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen sowie die Ausbauziele regelmäßig zu überprüfen. Der Beschluss sieht vor, dass künftig auch weniger windstarke Standorte genutzt werden, um dem Windausbau an Land neuen Schwung zu verleihen. Auch für Solaranlagen in der Freifläche wird die Gebietskulisse mit dem EEG 2021 erweitert.
„Besonders Photovoltaik an und auf Gebäuden schont Natur und Landschaft und hilft Flächenkonkurrenzen zu vermeiden. Werden Solarparks realisiert, sollte die Arten- und Habitate-Vielfalt messbar steigen, die Flächen also eine Aufwertung erfahren. Neben ersten Selbstverpflichtungen braucht es dafür noch verbindliche Standards“, so Raynal-Ehrke weiter.
Was den Ausbau der Windenergie an Land angehe, laufen derzeit Gespräche zur Vereinheitlichung der Signifikanz-Schwellen zur Ermittlung des signifikant erhöhten Tötungsrisikos. Die Umweltministerkonferenz im November biete die Chance, das Signifikanzkriterium handhabbarer zu machen, damit Genehmigungen schneller und rechtssicher erteilt werden können. Das KNE ist hier aktiv in die Vorbereitungen eingebunden. Die notwendige Beschleunigung von Genehmigungs- und Planungsprozessen dürfe dabei keinesfalls zu einem Abbau von Naturschutz-Standards führen.
„Angesichts des beschleunigten Erneuerbaren-Ausbaus rechnen wir mit einem steigenden Bedarf an Fachinformationen, Dialog und Konfliktberatung. Als neutraler Ansprechpartner unterstützt das KNE eine naturverträgliche Energiewende vor Ort“, so Raynal-Ehrke abschließend.
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Hintergrund
Um die Klimaziele zu erreichen, ist ein schneller Ausbau der erneuerbaren Energien erforderlich. Die heute vom Bundeskabinett beschlossene EEG-Novelle 2021 sieht vor, dass der Anteil der Erneuerbaren am Strommix bis 2030 auf 65 Prozent steigt. Aus Sicht der Naturschutzverbände auf Bundesebene und der Energiewirtschaft wäre sogar ein weitaus ambitionierterer Ausbau notwendig. Durch den beschleunigten Ausbau von Windenergie an Land und Photovoltaik werden die Flächenverfügbarkeit sowie der natur- und anwohnerverträgliche Ausbau der Erneuerbaren zur zentralen Herausforderung des nächsten Jahrzehnts. Das KNE Das 2016 gegründete Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE) ist eine von der Umweltstiftung Michael Otto getragene und vom Bundesumweltministerium finanzierte Einrichtung. Zweck der gemeinnützigen GmbH ist die Unterstützung einer naturverträglichen Energiewende vor Ort. Das KNE bietet Beratung und umfangreiche Fachinformationen an, es organisiert Dialog und Austausch, und vermittelt, wenn es beim Ausbau der erneuerbaren Energien zu Konflikten kommt, speziell ausgebildete Mediatorinnen und Mediatoren.22.07.2020
Vogelkollisionen an Windenergieanlagen mit technischen Lösungen mindern
Gemeinsame Pressemitteilung des Kompetenzzentrums Naturschutz und Energiewende mit dem Bundesamt für Naturschutz und der Fachagentur zur Förderung eines natur- und umweltverträglichen Ausbaus der Windenergie an Land e. V.
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- Moderne Detektionssysteme haben großes Potenzial zum Schutz von Vögeln
- Neue Publikation fasst Kenntnisstand zusammen
- Das BfN-Skript 571 steht kostenfrei zum Download zur Verfügung unter: https://www.bfn.de/sites/default/files/BfN/service/Dokumente/skripten/skript571.pdf
- BfN/KNE-Workshopreihe "Anforderungen an technische Überwachungs- und Abschaltsysteme an Windenergieanlagen".
- Forschungsprojekt NatForWINSENT – Entwicklung eines Konzepts zur Naturschutzbegleitforschung im Rahmen des WindForS-Windenergietestfelds Schwäbische Alb.
- Forschungsschwerpunkt "Naturschutz und Erneuerbare Energien" am BfN.
- KNE-Veröffentlichung "10 Fragen - 10 Antworten zu Detektionssystemen".
- KNE-Veröffentlichung "Dokumentation der KNE-Fachkonferenz "Vogelschutz an Windenergieanlagen".
- KNE-Veröffentlichung "Anforderungen an eine fachlich valide Erprobung von technischen Systemen zur bedarfsgerechten Betriebsregulierung von Windenergieanlagen Anforderungsprofil".
- KNE-Video "Detektionssysteme zur Verminderung von Vogelkollisionen an Windenergieanlagen".
14.07.2020
Neues KNE-Erklärvideo: Artenschutzrechtliche Ausnahmen für die Windenergie – Worum genau geht es da eigentlich?
Die Energiewende kann nur gelingen, wenn die Windenergie erheblich ausgebaut wird. Flächen ohne Konfliktpotenzial mit dem Arten- und Naturschutz sind jedoch kaum noch verfügbar. Die Vorgaben aus dem Bundesnaturschutzgesetz sind aber sehr weitgehend: Wenn ein einzelnes Exemplar einer besonders geschützten Art mit einer Windenergieanlage kollidieren könnte und diese Kollision nicht durch Maßnahmen vermieden werden kann, kann dies bereits ein artenschutzrechtliches Verbot auslösen. Der Bau von Windenergieanlagen wäre in diesen Fällen damit faktisch ausgeschlossen. In einem neuen Video erklärt das Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE), unter welchen strengen artenschutzrechtlichen Bedingungen Windenergieanlagen auch an Standorten errichtet und betrieben werden können, an denen das Vorhaben in der Regelgenehmigung an artenschutzrechtlichen Verboten scheitern würde.
„Bei der Ausnahme im besonderen Artenschutzrecht steht der Erhaltungszustand der Population einer Art im Vordergrund, der sich durch die neue Windenergieanlage insgesamt nicht verschlechtern darf“, erläutert Dr. Silke Christiansen, Rechtsreferentin im KNE. „Es geht dabei nicht, wie der Begriff suggerieren kann, um eine Ausnahme vom Artenschutz, sondern vielmehr um einen Perspektivwechsel weg vom Individuen- und hin zum Populationsschutz“, so Christiansen weiter.
KNE-Direktor Dr. Torsten Raynal-Ehrke betont: „Aus unserer Sicht ist die Ausnahme zwar kein Allheilmittel für artenschutzrechtliche Konflikte, sie trägt im Einzelfall jedoch dazu bei, artenschutzrechtliche Konfliktlagen zu überwinden sowie Energiewende und Naturschutz gleichermaßen voranzubringen. Wir plädieren daher für eine differenzierte Auseinandersetzung auf rechtlicher und fachlicher Ebene, für die das KNE als unabhängiger Gesprächspartner und Organisator von Austausch- und Einigungsprozessen zur Verfügung steht.“
Hintergrund
Die Ausnahme nach § 45 Abs. 7 Nr. 5 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) soll nach dem Willen des Gesetzgebers als letztes Mittel dienen, um im Einzelfall Verbotstatbestände zu überwinden und Projekte zuzulassen. Sie kann daher nicht als grundsätzliche Lösung für eine stockende Energiewende dienen. Es müssen zunächst andere Lösungswege gesucht werden, die eine Regelgenehmigung ermöglichen könnten. Insbesondere sollten Standorte für Windenergieanlagen gewählt werden, die artenschutz-rechtlich möglichst unproblematisch sind. Allerdings wird es – aus verschiedenen Gründen – immer schwieriger, konfliktfreie Standorte zu finden. Eine aktuelle Studie des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) kommt zu dem Ergebnis, dass nur noch wenige konfliktfreie Flächen zur Verfügung stehen.
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18.06.2020
Das KNE-Jahrbuch K20 blickt auf die Energiewende vor Ort
Das diesjährige rund 300 Seiten starke Jahrbuch des KNE widmet sich den Herausforderungen, Möglichkeiten und Projekten einer naturverträglichen Energiewende konkret vor Ort. Die Vielfalt der Beiträge der Autorenschaft in „K20 – Energiewende vor Ort“ spiegelt dabei die Spannbreite der Themen und die Komplexität der Anforderungen der Energiewende wider.
„In der Zusammenarbeit mit den Akteuren vor Ort konnten wir feststellen, dass sich die Praxis der Energiewende deutlich geändert hat. Die Diskussionen um den Abbau von Hemmnissen beim Ausbau der erneuerbaren Energien hat an Bedeutung gewonnen, manches kommt in Bewegung und manches gilt es noch anzupacken. Da lag es nahe, in diesem Jahrbuch den Blick auf die konkreten Herausforderungen zu richten, und die Akteure von ihren Erfahrungen bei der Umsetzung einer naturverträglichen Energiewende berichten zu lassen“, erklärt Dr. Torsten Raynal-Ehrke, Direktor des KNE.
„So vielseitig wie die Autorenschaft ist, so spannend ist die Bandbreite der Themen. Wir hoffen, nicht nur einen interessanten und informativen Einblick in die verschiedenen Facetten und Anforderungen der Energiewende zu geben, sondern auch, zur Versachlichung von Debatten beizutragen, und zur Diskussion – auch disziplinübergreifend – über die Herausforderungen anzuregen“, berichtet Anke Ortmann, Redakteurin des Jahrbuchs. „Die Leserschaft erwarten Beiträge zur Regionalplanung, zu Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, zur Konfliktklärung vor Ort, zu Innovationen in der Photovoltaik und zur Bedeutung der Emotionen. Internationale Beiträge zu Schottland, China und Polen stellen ausgewählte Aspekte der dortigen Energiewende heraus“, so Ortmann weiter.
Zu Wort kommen unter anderem Dr. Danuta Kneipp (50Hertz Transmission) und Judith Michler (ABO Wind) in ihrem gemeinsamen Artikel zu Klima- und Artenschutz als wichtige Faktoren für eine erfolgreiche Energiewende. Professorin Gundula Hübner von der Universität Halle-Wittenberg berichtet über die Vielschichtigkeit der Emotionen und Motivationen in der Energiewende. Martin Szaramowicz (Flächenagentur Brandenburg) und Marc Thiele (NaturschutzFonds Brandenburg) geben einen Einblick in die Praxis der Kompensations- und Ersatzmaßnahmen. Dr. Joanna Maćkowiak Pandera (Forum Energii) erläutert bemerkenswert die Perspektiven der polnischen Energiepolitik und die Chancen einer deutsch-polnischen Zusammenarbeit. Darüber hinaus kommen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des KNE zu Wort und berichten über die Arbeit des KNE.
Der Artikel „Letzte Ausfahrt Zukunft“ von Dr. Joanna Maćkowiak Pandera liegt auch im Orignial in Polnisch vor. Hier finden Sie den Artikel "Ostatni zjazd przyszłość".
Die K20-Redaktion dankt allen Autorinnen und Autoren sehr herzlich für Ihre Mitarbeit und wünscht den Leserinnen und Lesern eine spannende und anregende Lektüre.
Für Nachfragen, Interviews und für Anfragen zur journalistischen Weiterverwertung von Beiträgen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
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16.04.2020
Klagen über Klagen?
Berlin, 16. April 2020. Dass der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland derzeit schleppend verläuft, hat unterschiedliche Ursachen. Immer wieder wird der Vorwurf erhoben, fast jede Windenergieanlage und fast jeder Solarpark werde beklagt. Dem gegenüber steht der Vorwurf, sehr viel häufiger würden die Projektentwickler vor Gericht gehen, wegen nicht erteilter Genehmigungen oder Auflagen. Welche belastbaren Aussagen können zu Umfang, Inhalt und Akteuren von Klagen gegen erneuerbare Energien aber tatsächlich verlässlich getroffen werden?
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Untersuchungen zum Klageaufkommen
In den vergangenen Jahren wurden überhaupt nur zwei Berichte veröffentlicht, die sich mit Gegenstand und Akteursstruktur von Klagen im Bereich der erneuerbaren Energien beschäftigten. Frau Prof. Dr. Anja Hentschel (Hochschule Darmstadt) hat 2017 ein Gutachten[1] für das Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE) erarbeitet, in dem qualitativ untersucht wurde, welche Urteile in den Jahren 2000 bis 2016 gegen erneuerbare Energien ergangen sind. Dabei wurden verschiedene Energieträger (Onshore-Windenergie, Solarenergie, Bioenergie und Wasserkraft) berücksichtigt und der Fokus auf Natur- und Artenschutz sowie den Umweltschutz gelegt. Das Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass im Spannungsfeld Naturschutz und Energiewende alle Akteure, sowohl Projektentwickler als auch Natur- und Umweltschutz und auch Bürgerinnen und Bürger als Kläger vor den Gerichten auftreten. Die Fachagentur Windenergie an Land (FA Wind) hat im Jahr 2019 eine Umfrage durchgeführt. Sie hat Projektentwickler befragt, wie viele ihrer Projekte aktuell aus welchen Gründen von welchen Akteuren beklagt wurden.[2] Die Umfrage deutet darauf hin, dass bundesweit etwa gegen ein Fünftel der genehmigten Windenergieanlagen eine Klage eingereicht wurde, in Bayern und Hessen waren es sogar knapp 40 Prozent. Womit sich zu Recht die Frage stellt, ob die Arbeitsfähigkeit der Windenergiebranche durch eine Klagewelle erheblich eingeschränkt wird. Beide Veröffentlichungen liefern interessante Hinweise zum Klagegeschehen, geben jedoch keine belastbare Antwort auf die Frage, ob der Großteil der Klagen von Bürgerinitiativen und Naturschutzverbänden geführt wird oder ob es die Projektentwickler sind, die überwiegend gegen versagte Genehmigungen oder ihnen erteilte Auflagen klagen. Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) hat – nach unserer Kenntnis als einziger unter den anerkannten Naturschutz- und Umweltverbänden – im Jahr 2019 offengelegt, in wie vielen Fällen er bislang gegen Windenergieprojekte geklagt hatte.[3] Danach seien innerhalb der letzten zehn Jahre 45 Klagen gegen Windenergieprojekte erhoben worden. Davon seien zum Zeitpunkt der Bekanntgabe zwanzig Verfahren bereits abgeschlossen gewesen, wovon der NABU nur drei verloren habe. Bekannt sind außerdem die Zahlen der laufenden Klagen im Bereich der Windenergie aus dem Kreis Paderborn zum Stichtag 31. August 2019. Diese Daten wurden vom Kreis Paderborn auf einer Veranstaltung für die Bürger und Bürgerinnen veröffentlicht[4] und sind die einzige uns bekannte veröffentlichte Kompletterfassung von Klageverfahren eines Verwaltungsgebiets gegen Windenergievorhaben. Es zeigt sich danach eine sehr hohe Anzahl von Klagen seitens der Projektentwickler wegen versagter Genehmigungen oder Betriebsauflagen im Verhältnis zu Klagen von Anwohnenden und Naturschutzverbänden. Es wäre nach unserer Einschätzung jedoch unseriös, die Ergebnisse eines so begrenzten Erhebungsgebiets auf die ganze Bundesrepublik hochzurechnen, da die Windenergie in Deutschland und die damit verbundenen Konfliktlagen nicht gleichmäßig verteilt sind.Bewertung der Datenlage
Es gibt bisher keine empirisch abgesicherten Belege oder repräsentativen Erhebungen darüber, wie häufig von wem und mit welcher Zielrichtung gegen Windenergievorhaben oder gegen deren versagten Genehmigungen oder gegen die erteilten Auflagen geklagt wird. Eine zentrale gerichtliche Erfassung gibt es nicht. Auch clustern die Gerichte die bei ihnen eingereichten Klagen nicht in einer Weise, die eine Analyse des Klageverhaltens der unterschiedlichen Akteure ermöglichen würde. Derzeit ist es daher nicht möglich, eine Aussage zum Klageumfang und zum Klageverhalten einzelner Akteursgruppen – egal ob Befürworter oder Gegner einer (naturverträglichen) Energiewende – abzugeben. Es kann nur spekuliert werden. Zudem: Klagen von Betreibern und Projektentwicklern gegen die Versagung einer beantragten Genehmigung oder gegen eventuelle Auflagen von erteilten Genehmigungen bremsen den Ausbau der Windenergienutzung nicht. Die oft erfolgreichen Klagen von Naturschutzorganisationen tragen zur Vermeidung zukünftiger Fehler bei und verbessern die Naturverträglichkeit der Energiewende. Ein wichtiger Schritt auf dem Weg, Klagen zu verringern, wäre es nach unserer Auffassung, die untergesetzliche Maßstabsbildung in Artenschutzfragen deutlich zu verbessern. So würde rechtssicheres Handeln der Behörden gestärkt, Klagegründe könnten entfallen. Um weitere Ansatzpunkte zur Reduzierung von Klagegründen zu identifizieren, wäre zudem ein umfassendes Forschungsprojekt zum gerichtlichen Klagegeschehen eine lohnenswerte Investition.17.03.2020
Flächenverfügbarkeit für die Energiewende
Berlin, 17. März 2020. Windenergie braucht Fläche. Wieviel Quadratmeter stehen in Deutschland für den weiteren naturverträglichen Windenergieausbau an Land tatsächlich noch zur Verfügung bzw. könnten die windenergiepolitischen Ziele nicht schon rein flächenmäßig verfehlt werden? Fragen, die in der aktuellen Debatte zur Beschleunigung des Windenergieausbaus an Bedeutung gewinnen.
Für einen erfolgreichen Ausstieg aus der Atom- und Kohleverstromung ist der weitere Ausbau der Windenergie an Land unverzichtbar. Aktuell sind rund 30.000 Windenergieanlagen an Land installiert. Sie lieferten 2019 rund 106 Terrawattstunden an Strom. Damit können etwa 27 Millionen Einfamilienhaushalte ein Jahr lang mit Strom versorgt werden.
Flächenverfügbarkeit für die Windenergienutzung
Die Forscher gehen davon aus, dass das Leistungspotenzial auf den oben genannten, derzeit in Deutschland ausgewiesenen Flächen langfristig maximal bei rund 81 Gigawatt installierter Leistung Windstrom liegt.[xv] Bestandsanlagen wurden hierbei nicht berücksichtig. Dies entspräche einer Anzahl von zirka 23.000 Windenergieanlagen mit einer Leistung von jeweils 3,5 Megawatt. Allerdings unterliegen die Berechnungen erheblichen Unsicherheiten und zwischen den einzelnen Bundesländern bestehen zum Teil erhebliche Unterschiede: Länder wie Brandenburg, Hessen, das Saarland oder Schleswig-Holstein stellen mit jeweils rund zwei Prozent ihrer Landesfläche den größten Flächenanteil für die Windenergienutzung bereit. In anderen Ländern wie Bayern liegt der Anteil (derzeit) bei weit unter einem Prozent.
Insgesamt gesehen ist laut einer weiteren UBA-Studie[xvi] aus dem Jahr 2013 ausreichend Flächenpotenzial für die Windenergie an Land vorhanden, um den weiteren ambitionierten Ausbau zu ermöglichen. In dieser Studie wurde das grundsätzlich verfügbare technisch-ökologische Flächenpotenzial (ohne Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen und ohne Berücksichtigung der Erfordernisse des besonderen Artenschutzes und von Radaranlagen!) mit rund 49.400 Quadratkilometer (13,8 Prozent der Bundesfläche) deutlich höher bewertet als in der UBA-Studie von 2019, in der der Umfang der ausgewiesenen Flächenkulisse betrachtet wurde.[xvii] Diese Kulisse von rund 50.000 Quadratkilometern entspricht einem Potenzial von rund 1.190 Gigawatt installierbarer Leistung mit einem Ertrag von insgesamt 2.900 Terrawattstunden pro Jahr, was bedeuten würde, dass auf diesen Flächen rund 340.000 Windenergieanlagen mit jeweils 3,5 Megawatt installierter Leistung errichtet werden könnten.[xviii]
[i] Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, den Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch bis 2030 auf 65 Prozent auszubauen. Klimaneutralität will Deutschland bis 2050 erreichen. Was dies genau in Bezug auf die Ziele für den Ausbau der erneuerbaren Energien bedeutet, ist bislang unklar. Genaue Ausbau-Ziele schwanken noch zwischen 80 bis 100 Prozent. [ii] Vgl.: Stefan Aust in der Welt vom 25.1.2020, siehe: https://www.welt.de/print/die_welt/wirtschaft/article205334673/Im-Luftreich-der-Traeume.html. [iii] Siehe z.B. acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina, Union der deutschen Akademien der Wissenschaften (Hrsg.) (2020). [iv] Bzgl. der Diskussion um Abstände von Windenergieanlagen zur Wohnbebauung verweisen wir auf die KNE-Wortmeldung zum Mindestabstand von Windenergieanlagen: Fairness wichtiger als 1.000 Meter Mindestabstand. Wer mehr dazu wissen möchte, kann gerne hier weiterlesen: https://www.naturschutz-energiewende.de/aktuelles/fairness-wichtiger-als-1-000-meter-mindestabstand/. [v] acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina, Union der deutschen Akademien der Wissenschaften (Hrsg.) (2017). [vi] Eine Reduzierung der CO₂-Emissionen bei gleichzeitiger Erhöhung der Strommenge soll durch Reduktion der fossilen Energieträger gelingen. Laut der Studie werden heute rund 85 Prozent der Treibhausgasemissionen durch die Nutzung fossiler Energieträger zur Bereitstellung von Energiedienstleistungen verursacht. Langfristig gibt es vor allem zwei Hebel, um eine Reduktion zu erreichen: Den Einsatz von Energieerzeugungsmethoden, die keine oder deutlich weniger CO₂-Emissionen als die fossilen verursachen sowie die Reduzierung des Energieverbrauches. Zentrale Maßnahmen hierbei sind Energieeinsparung, Steigerung von Umwandlungseffizienzen sowie verstärkte Nutzung der Sektorkopplung. [vii] Zahlen beziehen sich auf das Jahr 2018. Quellen: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/384/bilder/2_abb_entw-stromverbrauch_2020-02-25.png und https://www.umweltbundesamt.de/daten/energie/stromerzeugung-erneuerbar-konventionell#stromerzeugung-nach-energietragern-. Letztgenannte Zahlen beziehen sich auf die Bruttostromerzeugung in Deutschland. [viii] Eine genauere Aufschlüsselung, wie groß nun der Anteil der Windenergie und wie groß der Anteil der Photovoltaik sein sollte, erfolgt hierbei jedoch nicht explizit. [ix] Laut der Studie sind heute 48 Gigawatt an Wind Onshore installiert. Eine Fünf- bis Siebenfache Menge würde einen Bereich von 240 – 336 MW installierter Leistung für Wind Onshore bis 2050 in Abhängigkeit von der Zusammensetzung der Anlagen (Photovoltaik, Wind Onshore und Wind Offshore) bedeuten. [x] Agora Energiewende (2015): Wie hoch ist der Stromverbrauch in der Energiewende? Energiepolitische Zielszenarien 2050 – Rückwirkungen auf den Ausbaubedarf von Windenergie und Photovoltaik. [xi] Die Bundesregierung geht in einer aktuellen Stellungnahme von einem Bruttostromverbrauch von rund 580 TwH aus, bestimmt u. a. durch eine zunehmende Stromnachfrage der Bereiche Wärme und Verkehr auf der einen Seite (Sektorenkopplung) und Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz auf der anderen Seite. Quelle: Deutscher Bundestag, Drucksache 19/17632: Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage vom 24.02.2020; http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/173/1917362.pdf. [xii] Zahl auf Grund der benötigten Anzahl an Windenergieanlagen abgeleitet. [xiii] Umweltbundesamt (2019): Analyse der kurz- und mittelfristigen Verfügbarkeit von Flächen für die Windenergienutzung an Land. Abschlussbericht. [xiv] Trotz Ausweisung von Flächen für die Windenergienutzung ist jedoch nicht in jedem Fall gewährleistet, dass hierauf auch wirklich die Errichtung einer Windenergieanlage möglich ist. Zum Beispiel können detaillierte naturschutzfachliche Untersuchungen oder Höhenbeschränkungen die Flächen und damit auch die Anzahl möglicher zu errichtender Windenergieanlagen verringern. [xv] Zum Vergleich: Eine Studie von Agora Energiewende (2018) beschreibt einen Ausbaupfad von 78 GW installierte Leistung Windenergie an Land für das Jahr 2025 und 86 GW im Jahr 2030 zur Erreichung des 65 Prozent erneuerbare Energien-Ziels. Abweichungen zwischen dieser und der UBA-Studie ergeben sich durch unterschiedliche Annahmen zur Entwicklung des Bruttostromverbrauchs durch Sektorenkopplung und Effizienzmaßnahmen. [xvi] Umweltbundesamt (2013): Potenzial der Windenergie an Land. Studie zur Ermittlung der bundesweiten Flächen- und Leistungspotenzials der Windenergienutzung an Land. [xvii] Das technisch-ökologische Potenzial wird dabei als der Teil des technischen Potenzials verstanden, der unter Berücksichtigung ökologischer Restriktionen (Flächen, die dazu dienen, erhebliche Beeinträchtigungen von Tieren und Pflanzen sowie ihrer Lebensräume sowie schadhafte Einflüsse auf den Menschen (z. B. durch Lärm) zu vermeiden) nutzbar ist. Konkret wurden verschiedene Schutzgebietstypen bei der Berechnung für Flächen für die Windenergie ausgeschlossen sowie teilweise ein Schutzabstand einberechnet. Hierzu gehören z.B. Nationalparke, Naturschutz-, Vogelschutz- Flora-Fauna-Habitat-Gebiete usw. [xviii] Das Umweltbundesamt (2013: 4) stellt in Bezug auf den Rahmen der Studie fest, dass bei der „Potenzialermittlung […] keine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung durchgeführt, sondern nur technische und ökologische Restriktionen berücksichtigt [wurden]. Allerdings konnten Belange, die Einzelfallbetrachtungen bedürfen (vor allem der besondere Artenschutz, aber auch z. B. Radaranlagen) im Rahmen der Studie nicht sinnvoll abgebildet werden. Das technisch-ökologische Potenzial, bei dem u. a. auch der besondere Artenschutz zu berücksichtigen ist, fällt somit erheblich kleiner aus.“ Das davon dann realisierbare Potenzial für die Nutzung der Windenergie fällt dann durch weitere Einflussfaktoren wie zum Beispiel wirtschaftliche Bedingungen im konkreten Einzelfall sowie durch Einwände und Vorbehalte der Flächeneigentümer/Anwohner vor Ort aufgrund fehlender Akzeptanz nochmals deutlich geringer aus.
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- Wie viele Windenergieanlagen brauchen wir zusätzlich, um die 2030- bzw. die 2050-Ziele der Energiewende[i] erreichen zu können?
- Stehen für diese zumindest theoretisch ausreichend Flächen zur Verfügung?
1. Wissenschaftliche Untersuchungen
Prognostizierter Strombedarf und benötigte Windenergieanlagen- Wie viele Windenergieanlagen werden gebraucht, um die Energiewendeziele bis 2030 bzw. 2050 zu erreichen?
Agora Energiewende | Akademien der Wissenschaften | |
Prognostizierter Strombedarf | 620 Terrawattstunden | 1000 Terrawattstunden |
Benötigte installierte Windkraftleistung | 130 Gigawatt | 225 Gigawatt[xii] |
Bis 2050 zusätzlich benötige WEA á 3,5 MW zirka | 7.000 | 35.000 |
Insgesamt benötigte Anzahl von WEA | 37.000 | 65.000 |
- Stehen für einen prognostizierten zusätzlichen Bedarf an Windenergieanlagen genügend Flächen zur Verfügung?
Fläche (km²) | Ausgewiesene Windfläche (km²) | Anteil an der Landesfläche (%) | Ende 2017 freie Fläche (km²) | Anteil freier Windflächen (%) | |
Deutschland | 357.385 | 3.131 | 0,9 % | 1.325 | 42,3 % |
2. Fazit des KNE
Aktuell vorliegende Studienergebnisse kommen zu dem Ergebnis, dass der Strombedarf im Jahr 2050 zwischen etwas mehr als dem Heutigen (rund 620 Terrawattstunden) bis zum Doppelten des Heutigen (1.000 Terawattstunden) beträgt. Dies würde bedeuten, dass zwischen 37.000 und etwa 65.000 Windenergieanlagen benötigt werden. Spekulationen und Angstszenarien von 300.000 Windenergieanlagen bis 2050 kann somit schon jetzt klar entgegengetreten werden. Selbst bei der maximal prognostizierten Anzahl von in Deutschland errichteten Windenergieanlagen würde dies bis 2050 knapp eine Verdoppelung auf dann 65.000 Windenergieanlagen bedeuten. Diese Prognose wird empirisch stark gestützt. Für einen solchen Ausbau sind laut den Berechnungen des Umweltbundesamtes zwar aktuell noch nicht ausreichend Flächen ausgewiesen, es sind aber ausreichend Flächen identifiziert worden, die den Ausbau der Windenergie an Land im geplanten Umfange ermöglichen sollten. Die uns derzeit vorliegenden Studien und Szenarien stellen nach unserer Durchsicht noch keine konsolidierte Grundlage dar, von der aus der zusätzliche Flächenbedarf für den Windenergieausbau konkret abgeleitet werden könnte. Die vereinbarte Abstimmung der Bundes- und Länderziele beim Ausbau der Windenergie an Land muss daher auch die Flächenverfügbarkeit thematisieren und zu tragfähige Vereinbarungen mit den einzelnen Ländern kommen.Quellenverzeichnis
acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina, Union der deutschen Akademien der Wissenschaften (Hrsg.) (2017): »Sektorkopplung« – Optionen für die nächste Phase der Energiewende, Link zum Dokument 92 S. (letzter Zugriff: 27.02.2020). acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina, Union der deutschen Akademien der Wissenschaften (Hrsg.) (2019): Wege zu einem integrierten Energiesystem – was jetzt geschehen muss, Link zum Dokument (letzter Zugriff: 16.02.2020). acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina, Union der deutschen Akademien der Wissenschaften (Hrsg.) (2020): Zentrale und dezentrale Elemente im Energiesystem. Der richtige Mix für eine stabile und nachhaltige Versorgung, Link zum Dokument 115 S. (letzter Zugriff: 16.02.2020). Agora Energiewende (2015): Wie hoch ist der Stromverbrauch in der Energiewende? Energiepolitische Zielszenarien 2050 – Rückwirkungen auf den Ausbaubedarf von Windenergie und Photovoltaik, Link zum Dokument 52 S. (letzter Zugriff: 28.02.2020). Agora Energiewende (2018): Stromnetze für 65 Prozent Erneuerbare bis 2030 – Zwölf Maßnahmen für den synchronen Ausbau von Netzen und Erneuerbaren Energien, Link zum Dokument 64 S. (letzter Zugriff: 24.02.2020). Hans-Martin Henning, Andreas Palzer, Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE (2012): 100 % ERNEUERBARE ENERGIEN FÜR STROM UND WÄRME IN DEUTSCHLAND, Link zum Dokument (letzter Zugriff: 16.02.2020). Johanna Romberg (2019): Wie viele Windkraftanlagen benötigt Deutschland? GEO 08/2019 Link zum Dokument. Umweltbundesamt (2013): Potenzial der Windenergie an Land. Studie zur Ermittlung der bundesweiten Flächen- und Leistungspotenzials der Windenergienutzung an Land. 51 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 19.02.2020). Umweltbundesamt (2019): Analyse der kurz- und mittelfristigen Verfügbarkeit von Flächen für die Windenergienutzung an Land. Abschlussbericht. 167 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 12.02.2020). Umweltbundesamt (2019): Position - Auswirkungen von Mindestabständen zwischen Windenergieanlagen und Siedlungen. Auswertung im Rahmen der UBA-Studie „Flächenanalyse Windenergie an Land“. 22 S. Link zum Dokument, (letzter Zugriff: 16.02.2020).[i] Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, den Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch bis 2030 auf 65 Prozent auszubauen. Klimaneutralität will Deutschland bis 2050 erreichen. Was dies genau in Bezug auf die Ziele für den Ausbau der erneuerbaren Energien bedeutet, ist bislang unklar. Genaue Ausbau-Ziele schwanken noch zwischen 80 bis 100 Prozent. [ii] Vgl.: Stefan Aust in der Welt vom 25.1.2020, siehe: https://www.welt.de/print/die_welt/wirtschaft/article205334673/Im-Luftreich-der-Traeume.html. [iii] Siehe z.B. acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina, Union der deutschen Akademien der Wissenschaften (Hrsg.) (2020). [iv] Bzgl. der Diskussion um Abstände von Windenergieanlagen zur Wohnbebauung verweisen wir auf die KNE-Wortmeldung zum Mindestabstand von Windenergieanlagen: Fairness wichtiger als 1.000 Meter Mindestabstand. Wer mehr dazu wissen möchte, kann gerne hier weiterlesen: https://www.naturschutz-energiewende.de/aktuelles/fairness-wichtiger-als-1-000-meter-mindestabstand/. [v] acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina, Union der deutschen Akademien der Wissenschaften (Hrsg.) (2017). [vi] Eine Reduzierung der CO₂-Emissionen bei gleichzeitiger Erhöhung der Strommenge soll durch Reduktion der fossilen Energieträger gelingen. Laut der Studie werden heute rund 85 Prozent der Treibhausgasemissionen durch die Nutzung fossiler Energieträger zur Bereitstellung von Energiedienstleistungen verursacht. Langfristig gibt es vor allem zwei Hebel, um eine Reduktion zu erreichen: Den Einsatz von Energieerzeugungsmethoden, die keine oder deutlich weniger CO₂-Emissionen als die fossilen verursachen sowie die Reduzierung des Energieverbrauches. Zentrale Maßnahmen hierbei sind Energieeinsparung, Steigerung von Umwandlungseffizienzen sowie verstärkte Nutzung der Sektorkopplung. [vii] Zahlen beziehen sich auf das Jahr 2018. Quellen: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/384/bilder/2_abb_entw-stromverbrauch_2020-02-25.png und https://www.umweltbundesamt.de/daten/energie/stromerzeugung-erneuerbar-konventionell#stromerzeugung-nach-energietragern-. Letztgenannte Zahlen beziehen sich auf die Bruttostromerzeugung in Deutschland. [viii] Eine genauere Aufschlüsselung, wie groß nun der Anteil der Windenergie und wie groß der Anteil der Photovoltaik sein sollte, erfolgt hierbei jedoch nicht explizit. [ix] Laut der Studie sind heute 48 Gigawatt an Wind Onshore installiert. Eine Fünf- bis Siebenfache Menge würde einen Bereich von 240 – 336 MW installierter Leistung für Wind Onshore bis 2050 in Abhängigkeit von der Zusammensetzung der Anlagen (Photovoltaik, Wind Onshore und Wind Offshore) bedeuten. [x] Agora Energiewende (2015): Wie hoch ist der Stromverbrauch in der Energiewende? Energiepolitische Zielszenarien 2050 – Rückwirkungen auf den Ausbaubedarf von Windenergie und Photovoltaik. [xi] Die Bundesregierung geht in einer aktuellen Stellungnahme von einem Bruttostromverbrauch von rund 580 TwH aus, bestimmt u. a. durch eine zunehmende Stromnachfrage der Bereiche Wärme und Verkehr auf der einen Seite (Sektorenkopplung) und Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz auf der anderen Seite. Quelle: Deutscher Bundestag, Drucksache 19/17632: Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage vom 24.02.2020; http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/173/1917362.pdf. [xii] Zahl auf Grund der benötigten Anzahl an Windenergieanlagen abgeleitet. [xiii] Umweltbundesamt (2019): Analyse der kurz- und mittelfristigen Verfügbarkeit von Flächen für die Windenergienutzung an Land. Abschlussbericht. [xiv] Trotz Ausweisung von Flächen für die Windenergienutzung ist jedoch nicht in jedem Fall gewährleistet, dass hierauf auch wirklich die Errichtung einer Windenergieanlage möglich ist. Zum Beispiel können detaillierte naturschutzfachliche Untersuchungen oder Höhenbeschränkungen die Flächen und damit auch die Anzahl möglicher zu errichtender Windenergieanlagen verringern. [xv] Zum Vergleich: Eine Studie von Agora Energiewende (2018) beschreibt einen Ausbaupfad von 78 GW installierte Leistung Windenergie an Land für das Jahr 2025 und 86 GW im Jahr 2030 zur Erreichung des 65 Prozent erneuerbare Energien-Ziels. Abweichungen zwischen dieser und der UBA-Studie ergeben sich durch unterschiedliche Annahmen zur Entwicklung des Bruttostromverbrauchs durch Sektorenkopplung und Effizienzmaßnahmen. [xvi] Umweltbundesamt (2013): Potenzial der Windenergie an Land. Studie zur Ermittlung der bundesweiten Flächen- und Leistungspotenzials der Windenergienutzung an Land. [xvii] Das technisch-ökologische Potenzial wird dabei als der Teil des technischen Potenzials verstanden, der unter Berücksichtigung ökologischer Restriktionen (Flächen, die dazu dienen, erhebliche Beeinträchtigungen von Tieren und Pflanzen sowie ihrer Lebensräume sowie schadhafte Einflüsse auf den Menschen (z. B. durch Lärm) zu vermeiden) nutzbar ist. Konkret wurden verschiedene Schutzgebietstypen bei der Berechnung für Flächen für die Windenergie ausgeschlossen sowie teilweise ein Schutzabstand einberechnet. Hierzu gehören z.B. Nationalparke, Naturschutz-, Vogelschutz- Flora-Fauna-Habitat-Gebiete usw. [xviii] Das Umweltbundesamt (2013: 4) stellt in Bezug auf den Rahmen der Studie fest, dass bei der „Potenzialermittlung […] keine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung durchgeführt, sondern nur technische und ökologische Restriktionen berücksichtigt [wurden]. Allerdings konnten Belange, die Einzelfallbetrachtungen bedürfen (vor allem der besondere Artenschutz, aber auch z. B. Radaranlagen) im Rahmen der Studie nicht sinnvoll abgebildet werden. Das technisch-ökologische Potenzial, bei dem u. a. auch der besondere Artenschutz zu berücksichtigen ist, fällt somit erheblich kleiner aus.“ Das davon dann realisierbare Potenzial für die Nutzung der Windenergie fällt dann durch weitere Einflussfaktoren wie zum Beispiel wirtschaftliche Bedingungen im konkreten Einzelfall sowie durch Einwände und Vorbehalte der Flächeneigentümer/Anwohner vor Ort aufgrund fehlender Akzeptanz nochmals deutlich geringer aus.
04.02.2020
Fairness wichtiger als 1.000 Meter Mindestabstand
Berlin, 4. Februar 2020. Kürzlich wurde die Studie “Monitoring annoyance and stress effects of wind turbines on nearby residents: A comparison of U.S. and European samples” von Hübner et al. (2019) vorgelegt. Das KNE nimmt nachfolgend eine erste Einordnung der Forschungsergebnisse vor.
In den aktuellen Debatten über den Stillstand beim Ausbau der Windenergie an Land wird als gewichtiges Argument vorgetragen, dass die Akzeptanz der vor Ort vom Ausbau Betroffenen sehr gering sei, vor allem aufgrund der Lärmemissionen. Ein Mindestabstand von 1.000 Metern zwischen Windenergieanlagen und Wohnsiedlungen müsse umgesetzt werden, um dem abzuhelfen.
Die Autorinnen und Autoren einer international vergleichenden Studie (Hübner et al. 2019) haben sich in einem aufwändigen Forschungsprojekt mit den Ursachen von Lärmstress durch Windenergieanlagen auseinandergesetzt. Die Ergebnisse der Studie stärken Zweifel an der Wirksamkeit von Mindestabständen. Um das Stressempfinden der Anwohnenden zu reduzieren, sei es wichtiger, die Anwohnenden stärker in die Planungsprozesse einzubeziehen.
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1. Der Inhalt der Studie
Hübner et al. untersuchen in einer vergleichenden Studie, wie in den USA, Deutschland und der Schweiz Menschen Stress durch Windenergieanlagen in ihrer Nähe erleben. Die Autorinnen und Autoren entwickeln dafür einen neuen Ansatz zur Messung von Lärmstress, den Noise Annoyance Stress Scale (NAS-Scale). Dieser bildet nicht nur ab, wie Anwohnerinnen und Anwohner Lärm empfinden und bewerten, der von Windenergieanlagen in ihrer Nachbarschaft ausgeht. Er erfasst darüber hinaus mögliche Stresssymptome (Schlafstörungen; Gereiztheit; negative Stimmung; Konzentrationsschwäche) und Stressreaktionen (u. a. aktive Maßnahmen zur Lärmminderung etwa durch das Schließen von Fenstern; aktive Entspannung; Austausch mit anderen Menschen). Für die Untersuchung werteten die Autorinnen und Autoren die Befragungen mehrerer Studien[1] aus. Insgesamt flossen Rückmeldungen von 2.470 Personen in die Untersuchung ein (1.441 aus den USA, 584 aus Deutschland, 445 aus der Schweiz). Die Befragten lebten zwischen 0,08 und 4,8 Kilometer von der nächsten Windenergieanlage in ihrem Umfeld entfernt (durchschnittlich 1,3 Kilometer in den USA und 1,74 Kilometer in Deutschland und der Schweiz). Die Ergebnisse der Untersuchung belegen ein generell geringes Auftreten von Stresssymptomen durch Geräusche von Windenergieanlagen, sofern die Immissionsschutzrichtlinien eingehalten werden. Weniger als fünf Prozent der Befragten aus den europäischen Ländern (Deutschland und Schweiz) und den USA berichteten, dass sie mindestens einmal pro Monat Symptome wie Schlafstörungen, Gereiztheit, negative Stimmung oder Konzentrationsschwäche erleben, die sie auf den Schall der Windenergieanlagen zurückführen. Ob und wie stark Anwohnende Lärmstress erleben, hängt nach den Ergebnissen der Studie dabei nicht davon ab, wie weit die Anwohnenden von der nächsten Windenergieanlage entfernt wohnen. Auch der faktisch bei den Befragten gemessene Schallpegel hat keine Auswirkungen darauf, ob und wie stark sie Lärmstress erfahren. Die Studie belegt vielmehr einen Zusammenhang zwischen dem erlebten Lärmstress der Anwohnenden und ihren Erfahrungen mit den Planungsprozessen der Windenergieanlagen. Diejenigen, die Planungsprozesse als unfair wahrnahmen, erlebten deutlich häufiger Lärmstress als jene, die die Planungsprozesse als fair bewerteten. Die Autorinnen und Autoren schließen aus diesen Erkenntnissen, dass eine frühe und aktive Einbindung der Anwohnenden in die Planungsprozesse eine Schlüsselstrategie sein könnte, um den erlebten Lärmstress und damit auch Widerstände gegen Windenergieanlagen vor Ort zu reduzieren.2. Fazit des KNE
Die international vergleichende Studie von Hübner et al. (2019) liefert eine starke Empirie gegen die politische These, ein pauschaler Mindestabstand von Windenergieanlagen zu Wohnsiedlungen sei der zentrale Schlüssel, damit Anwohnende vor Lärmstress von Windenergieanlagen geschützt seien. Nach den Ergebnissen der Studie gibt es starke Belege dafür, dass vielmehr erlebte Fairness entscheidend für die Akzeptanz von Windenergieanlagen vor Ort ist. Die Anwohnenden, die Planungen, den Bau und den Betrieb von Windenergieanlagen als einen fairen (Beteiligungs-) Prozess wahrnehmen, akzeptieren die Windanlagen (und ihre Lärmemissionen) eher, als diejenigen, die sich unfair behandelt fühlen. Damit unterstreicht die Studie Ergebnisse von Untersuchungen aus der Konflikt- und Beteiligungsforschung.[2] Diese Studien belegen, dass die Zustimmung der Menschen vor Ort für den Ausbau der erneuerbaren Energien eng daran geknüpft ist, dass sie die Planungsverfahren als transparent und die Verteilung der Belastungen und Einnahmen als gerecht erleben. Die Erfahrungen aus der Beratungspraxis des Kompetenzzentrums Naturschutz und Energiewende bestätigen diesen Zusammenhang ebenfalls: Eine frühzeitige und möglichst umfassende Beteiligung der Anwohnenden, der örtlichen Naturschutzgruppen und der Gemeindevertreterinnen und -vertreter an den Planungen, zu einem Zeitpunkt, der noch viel reelle Mitsprache ermöglicht, ist ein erfolgsversprechender Ansatz, wenn es darum geht, Konflikte beim Ausbau der erneuerbaren Energien zu vermeiden oder zumindest zu mindern. Negative Lärmerfahrungen im Einzelnen kann man niemandem ausreden. Es sollte aber Maß und Mitte gehalten werden, wenn es um Lösungen für den weiteren Windenergieausbau geht. Lösungen im Einzelfall, unter Mitsprache und Einbeziehungen der Betroffenen sind sicherlich der erfolgversprechendere Weg für die Energiewende als durchaus problematische pauschale Mindestabstände. Ein bundesweiter Mindestabstand von 1.000 Metern zu Wohnbebauungen birgt immerhin das Risiko, dass sich der Nutzungsdruck auf die für die Windenergie verbleibenden siedlungsferneren Flächen drastisch erhöht. Das Angebot an Flächen, auf denen eine Windenergienutzung zukünftig möglich ist, würde laut Berechnungen des Umweltbundesamtes (UBA) bei der Anwendung eines Mindestabstandes von 1.000 Metern um 20 bis 50 Prozent reduziert (Umweltbundesamt 2019). Um den für eine erfolgreiche Energiewende erforderlichen weiteren Ausbau der Windenergie zu gewährleisten, müssten Flächen zur Verfügung gestellt werden, die bisher aus (guten) anderen Gründen weitgehend ausgeschlossen wurden (ebd.), zum Beispiel naturschutzfachlich wertvolle Flächen und unsere Wälder. Damit wären erhebliche Konflikte mit dem Natur- und Artenschutz vorprogrammiert. In den Diskussionen um einen bundesweiten Mindestabstand sollten nach unserer Überzeugung die akzeptanzfördernde Wirkung von frühzeitiger und aktiver Beteiligung der Menschen vor Ort einerseits und die Risiken für Natur- und Artenschutzkonflikte andererseits eine stärkere Würdigung erfahren. Quellenverzeichnis Barth, R., Ewen, C., Schütte, S., Ziekow, J. (2018): Konfliktdialog bei der Zulassung von Vorhaben der Energiewende. In: Holstenkamp, L. und Radtke, J. (Hrsg.) (2018): Handbuch Energiewende und Partizipation. Springer VS, Wiesbaden. S. 583-598. Wachinger, G., Renn, O. (2016): Teil D Praxis Empfehlungen. In: Beninghaus, C., Wachinger, G., Renn, O. (2016): Bürgerbeteiligung. Konzepte und Lösungswege für die Praxis. Wolfgang Metzner Verlag, Frankfurt am Main. S. 329-344. Firestone, J., Hoen, B., Rand, J., Elliot, D., Hübner, G., Pohl, J. (2018): Reconsidering barriers to wind power projects: community engagement, developer transparency and place. Journal of Environmental Policy & Planning 20 (3). S. 370–386. Hübner, G., Löffler, E. (2013): Wirkungen von Windkraftanlagen auf Anwohner in der Schweiz: Einflussfaktoren und Empfehlungen. In: Institut für Psychologie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Hübner, G., Pohl, J., Hoen, B., Firestone, J., Rand, J., Elliott, D., Haac, R. (2019): Monitoring annoyance and stress effects of wind turbines on nearby residents: A comparison of U.S. and European samples. In: Environment International 132, 2019, S. 1-9. Pohl, J., Hübner, G., Mohs, A. (2012): Acceptance and stress effects of aircraft obstruction markings of wind turbines. Energy Policy 50, S. 592–600. Pohl, J., Gabriel, J., Hübner, G. (2018): Understanding stress effects of wind turbine noise − the integrated approach. Energy Policy 112, S. 119–128. Reusswig, F., Braun, F., Eichenauer, E., Fahrenkrug, K., Franzke, J., Heger, I., Ludewig, T., Melzer, M., Meyer-Ohlendorf, L., Ott, K., Scheepmaker, T. (2017): Projekabschluss-Bericht. Energiekonflikte – Akzeptanzkriterien und Gerechtigkeitsvorstellungen in der Energiewende. 69 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 27.01.2020). Umweltbundesamt (2019): Analyse der kurz- und mittelfristigen Verfügbarkeit von Flächen für die Windenergienutzung an Land. Abschlussbericht. 167 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 27.01.2020). [1] Firestone et al., 2018; Hübner and Löffler, 2013; Pohl et al., 2012; Pohl et al., 2018. [2] Barth et al. 2018, S. 585 ff.; Wachinger und Renn 2016, S. 329 f.; Reusswig et al. 2017, S. 19 ff.28.01.2020
Windenergie versus biologische Vielfalt? Ein Spannungsfeld am Beispiel Fledermäuse in den Blick genommen
Die Umfrageergebnisse wurden in einem Artikel im Journal for Renewable and Sustainable Energy veröffentlicht. Sie finden sie hier: https://aip.scitation.org/doi/pdf/10.1063/1.5118784?class=pdf.
Das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) hat die Ergebnisse einer Umfrage zum Thema Windenergie veröffentlicht. Erfragt wurden Meinungen und Einschätzungen zur Windenergie in der Energiewende und zu möglichen Grün-Grün-Konflikten zwischen Klimaschutz und Biodiversitätsschutz mit dem Fokus auf Fledermäusen. Rund 500 Expertinnen und Experten, die in Genehmigungsverfahren von Windenergieanlagen (WEA) involviert sind, haben sich beteiligt.
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1. Einordnung der Umfrage
Die Umfrage ist hinsichtlich der Verteilung der Teilnehmenden auf die Interessensgruppen zwar nicht repräsentativ, trägt aber die Sichtweisen vieler Akteure zusammen, die mit dem Thema Fledermausschutz und Windenergie befasst sind. Und sie zeigt Tendenzen, Stimmungslagen und Diskussions- und Handlungsbedarfe auf.2. Zusammenfassung der Umfrageergebnisse
Windenergie, Energiewende und Naturschutz- Mehrheitlich wird eine naturverträgliche Energiewende befürwortet und die Windenergie als eine Schlüsseltechnologie einer erfolgreichen Energiewende angesehen.
- Nur eingeschränkte Zustimmung findet die Aussage, dass die Energiewende zum Naturschutz beiträgt.
- Nur die Teilnehmenden aus der Windbranche sehen hier sehr wohl einen Beitrag.
- Eine überwiegende Mehrheit hält die Stromproduktion aus Windenergie nicht für wichtiger als die Erreichung der Biodiversitätsziele, und sie sieht die globale Erwärmung auch nicht als drängenderes Problem an als die Biodiversitätskrise.
- Die Vertreter der Windenergie haben zu diesen Aspekten zumindest teilweise eine gegensätzliche Auffassung.
- Über alle Akteursgruppen hinweg gibt es deutliche Zustimmung, dass es mehr Anstrengungen für die Vereinbarkeit von Windenergieausbau und Biodiversitätszielen geben müsse.
- Fast alle Teilnehmenden (90 Prozent) halten es für akzeptabel, dass zur Erreichung von Biodiversitätszielen die Betreiber von Windenergieanlagen Ertragsverluste (durch Schutzabschaltungen) hinnehmen müssen.
- Bei der Windbranche findet dies nur wenig Zustimmung.
- Eine Mehrheit hält zeitliche Verzögerungen beim Ausbau der Windenergie für hinnehmbar, wenn dadurch Biodiversitätszielen besser Rechnung getragen wird.
- Dies lehnen die Teilnehmenden der Windenergiebranche überwiegend ab.
- Folgende konkrete Maßnahmen erhalten die meiste Unterstützung, um den Konflikt zwischen Stromproduktion durch Windenergie und Fledermausschutz zu minimieren : „mehr Forschung“ (68 Prozent), „Energie-Einsparungen“ und „kontextabhängige Abschaltungen“ (jeweils 61 Prozent), „mehr Energie aus Photovoltaik und anderen erneuerbaren Quellen“ (53 Prozent). Eine „stärkere Kommunikation zwischen den Akteursgruppen“ und ein „strengeres Rechtsregime“ unterstützen nur jeweils die Hälfte der Befragten.
- Jeweils über die Hälfte der Antwortenden aller Akteursgruppen sieht auch die Gesellschaft in der Verantwortung – zur Finanzierung von Artenschutzmaßnahmen im Zusammenhang mit der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien beizutragen – etwa durch Aufwendung von Steuergeldern.
3. Einordnung der Umfrageergebnisse
Sowohl das Klima als auch die Biodiversität sind von globaler Bedeutung. Die Umfrage sensibilisiert für das Spannungsverhältnis beider Ansprüche an verantwortungsbewusstes politisches und gesellschaftliches Handeln. Die Botschaft der Umfrage ist klar: Schutz des Klimas und der Erhalt der biologischen Vielfalt – hier am Beispiel der Fledermäuse – dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden, sondern sollen zusammen gedacht und umgesetzt werden. Die Umfrage-Ergebnisse spiegeln die aktuellen Einschätzungen und Themen wider, wie sie auch dem KNE in Gesprächen, Veranstaltungen, Beratungen und Diskussionen zum Fledermausschutz und Windenergie vorgetragen werden. Auch in den derzeitigen Arbeitsprozessen zur Aktualisierung von Windenergieerlassen und Artenschutzleitfäden in den Ländern werden diese – zu bestimmten Aspekten unterschiedlichen – Sichtweisen und Haltungen deutlich. Trotz bestimmter Diskrepanzen und Differenzen wird aber auch deutlich: Alle Akteure sind für den Ausbau der erneuerbaren Energien und für die Erreichung der Biodiversitätsziele. Um die Energiewende naturverträglich zum Erfolg zu führen, braucht es die Zusammenarbeit aller Akteure und es braucht die politische Unterstützung für die Umsetzung konkreter Vorhaben. Das bedeutet: Dialog und Kommunikation auf allen Ebenen sowie möglichst klare fachliche und rechtliche Rahmensetzungen. Das KNE unterstützt diesen anspruchsvollen Prozess mit seinen Angeboten zur Fachberatung, Konfliktvermeidung und Dialoggestaltung.14.01.2020
Das KNE auf dem Handelsblatt Energiegipfel 2020 in Berlin
Vom 20. bis 22. Januar 2020 findet in Berlin das jährliche Treffen der deutschen Energielandschaft statt. Das KNE beteiligt sich mit einem inhaltlichen Beitrag und ist mit einem Stand vor Ort.
Kommen Sie mit uns ins Gespräch
Auf dem Future Energy Stage: Dr. Torsten Raynal-Ehrke, Direktor des KNE, wird am 21. Januar um 14:30 Uhr wird im Rahmen des Future Energy Stage zu den Herausforderungen und Chancen bei der Umsetzung einer naturverträglichen Energiewende referieren.
An unserem Stand Nr. 17: Besuchen Sie uns einfach am Stand oder vereinbaren Sie einen Gesprächstermin, um sich mit uns über unseren Beitrag für eine naturverträgliche Energiewende zu unterhalten und sich darüber auszutauschen, wie wir Sie mit unseren Angeboten unterstützen können.
Der Handelsblatt Energiegipfel
Die Veranstaltung bringt rund 1.200 Expertinnen und Experten aus der Branche zusammen und bietet den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Möglichkeit, die Themen kritisch und konstruktiv zu diskutieren. Schwerpunkte der Informations- und Diskussionsforen sind:
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- Kohleausstieg, Dekarbonisierung und Strukturwandel.
- Transformation der Energiewirtschaft.
- Mobilität der Zukunft und Verkehrswende.
24.11.2019
Qualitätssicherung von Fledermausgutachten
Die im KNE-Fachdialog zur Qualitätssicherung von Fledermausgutachten für die Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen erarbeiteten Empfehlungen liegen nun gedruckt vor und können im KNE kostenlos bestellt werden.
Die Empfehlungen sowie die Prozess-Dokumentation des KNE-Fachdialogs zur „Qualitätssicherung von Fledermausgutachten für die Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen“ hat das KNE jetzt in einer umfassenden Publikation veröffentlicht. Im Rahmen des Fachdialogs wurde von relevanten Akteuren erörtert, an welchen Stellen die Qualität von Fledermausgutachten in Zukunft noch besser sichergestellt werden kann.
Immer wieder wird Kritik an der Qualität und Zuverlässigkeit von Fledermausgutachten geübt. Dies war der Anlass, das Problem und mögliche Lösungen in einem KNE-Fachdialog gründlich und substantiiert zu erörtern. Fledermausgutachten werden regelmäßig im Zuge der Planung und Genehmigung von Windenergievorhaben erstellt und dienen der Bewertung der artenschutzrechtlichen Verträglichkeit durch die zuständigen Behörden.
Insbesondere die Vertreter der Behörden und des Naturschutzes sahen in Bezug auf die Qualität dieser Gutachten Verständigungs- und Handlungsbedarf, erklärt auch Dr. Mathis Danelzik, Leiter der Fachdialoge. „Der Fachdialog widmete sich der Frage, wie man die Qualität der Gutachten nachhaltig sichern könne“, erklärte Dr. Mathis Danelzik, der die Fachdialoge auch maßgeblich entwickelte. „Als Ergebnisse kristallisierten sich drei bedeutsame Empfehlungen heraus: die Weiterentwicklung der naturschutzfachlichen Leitfäden der Länder, ein adäquates Fortbildungssystem, das die fortlaufende Qualifizierung der Behördenmitarbeiter sicherstellt und die Sicherstellung einer kontinuierlichen Qualifizierung von Gutachtern“, so Danelzik weiter. „Es wird nun darauf ankommen, diese Empfehlungen aufzugreifen und entsprechende Maßnahmen umzusetzen.“
Die Publikation informiert auch über weitere Vorschläge und Diskussionen im Fachdialog und bietet so einen guten Überblick über die verschiedenen Anliegen, Vorstellungen und Verbesserungsansätze.
Das Wichtigste in Kürze und die Publikation finden Sie auch HIER.
Der KNE-Fachdialog
KNE-Fachdialoge bringen die Akteure der Energiewende und des Naturschutzes miteinander ins Gespräch, um aktuelle Herausforderungen zu erörtern und gemeinsame Lösungsansätze zu finden. KNE-Fachdialoge stehen für die Idee, durch eine neutrale Gestaltung und Moderation von Gesprächs- und Arbeitsprozessen einen Beitrag zur Klärung komplexer Sachverhalte zu leisten.
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19.11.2019
Neues KNE-Video: „Qualitätssicherung von Fledermausgutachten und Windenergieausbau“
Mit dem Video „Qualitätssicherung von Fledermausgutachten und Windenergieausbau“ gibt das KNE einen Einblick in das Anliegen und die Ergebnisse des Fachdialogs „Qualitätssicherung von Fledermausgutachten für die Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen“.
Fledermausgutachten werden regelmäßig im Zuge der Planung und Genehmigung von Windenergievorhaben erstellt und dienen der Bewertung der artenschutzrechtlichen Verträglichkeit durch die zuständigen Behörden. Deren Qualität wird jedoch kontrovers diskutiert. Auf Einladung des KNE erörterten daher die relevanten Akteure gemeinsam, wie die Qualität von Fledermausgutachten noch besser gesichert werden könnte.
„Wie die Fragestellungen bearbeitet und welche Diskussionen geführt wurden, stellen wir in unserem Kurzfilm kompakt und eingängig dar“, erklärt Dr. Mathis Danelzik, Leiter des Fachdialogs. „Das Video fasst die Ergebnisse des Fachdialogs zusammen und gibt einen Einblick in die Komplexität des Themas“, so Danelzik weiter.
Als Ergebnisse kristallisierten sich drei bedeutsame Empfehlungen heraus: die Weiterentwicklung der naturschutzfachlichen Leitfäden der Länder sowie ein adäquates Fortbildungssystem, das die fortlaufende Qualifizierung der Behördenmitarbeiter und der Gutachter sicherstellt.
Die Publikation zum Fachdialog
Die Empfehlungen des KNE-Fachdialogs hat das KNE auch in der umfassenden Publikation „Empfehlungen zur Qualitätssicherung von Fledermausgutachten für die Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen" veröffentlicht.
Der KNE-Fachdialog zur „Qualitätssicherung von Fledermausgutachten in Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen wurde durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit gefördert.
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19.11.2019
Neues KNE-Video: „Vereinbarkeit von Windenergieausbau und UNESCO-Welterbestätten“
Mit unserem neuen Video „Vereinbarkeit von Windenergieausbau und UNESCO-Welterbestätten“ gibt das KNE einen Einblick in den Gegenstand, die Diskussionen und die Ergebnisse des Fachdialogs „Energiewende in der Nähe von UNESCO-Welterbe“. Das Video veranschaulicht darüber hinaus den Ansatz des KNE bei der Gestaltung von Fachdialogen.
Wie funktionieren Windenergieplanung und Welteberschutz? Wie lassen sich Kommunikationsstrukturen verbessern? Wie lässt sich die Qualität von Visualisierungen von Windenergieanlagen sicherstellen? Welche Akteure sich zu der Thematik austauschten, wie die Fragestellungen identifiziert und bearbeitet, und welche Empfehlungen schließlich ausgesprochen wurden, stellt der Kurzfilm kompakt und eingängig dar.
„Eine Besonderheit an unseren Fachdialogen ist es, dass wir die unterschiedlichen Akteure in einem geschützten Rahmen an einen Tisch bringen und so Raum für einen offenen Austausch bieten. Über fast ein Jahr hinweg kamen bei diesem Fachdialog die Teilnehmenden immer wieder für einen intensiven und zielführenden Austausch zusammen“, erklärt Dr. Torsten Raynal-Ehrke, Direktor des KNE.
„Das Video zum Fachdialog gibt einen Einblick in diesen Austausch und stellt die Ergebnisse vor. Angemessene Methoden, klare Verantwortlichkeiten und eine gute Kommunikation wurden von allen Beteiligten für eine bessere Bewertung möglicher Beeinträchtigungen von Welterbestätten durch Windenergieanlagen als sinnvoll erachtet“, so Dr. Mathis Danelzik, Leiter der KNE-Fachdialoge.
Die Publikation zum Fachdialog
Die Empfehlungen des KNE-Fachdialogs hat das KNE auch in der umfassenden Publikation „Empfehlungen zur Vereinbarkeit von Windenergieausbau und UNESCO-Welterbestätten in Deutschland“ veröffentlicht.
Der KNE-Fachdialog zur „Energiewende in der Nähe von UNESCO-Welterbe“ wurde mit Mitteln der Deutschen Bundesstiftung Umwelt gefördert.
Weitere Filme in der KNE-Videothek finden Sie auf unserem YouTube-Kanal.
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06.11.2019
Windenergie an Land: Die Ausnahme im besonderen Artenschutzrecht
In den aktuellen Debatten zur Stärkung des Ausbaus der Windenergie an Land spielt der „Ausnahmegrund beim Artenschutz“ eine wichtige Rolle. Worum genau handelt es sich hier, warum gibt es Forderungen nach „mehr Ausnahmen“, und was ist diesbezüglich rechtlich (derzeit) überhaupt möglich?
In unserer neuesten Publikation „Die Ausnahme im besonderen Artenschutzrecht“ erläutert das KNE zum einen die juristischen Voraussetzungen, die vorliegen müssen, um eine Ausnahme erteilen zu können, und zum anderen die Anwendungspraxis der Ausnahmeregelung in den Ländern.
Die Ausnahme nach § 45 Abs. 7 Nr. 5 Bundesnaturschutzgesetz kommt im Genehmigungsverfahren von Windenergieanlagen ins Spiel, wenn das Vorhaben artenschutzrechtliche Verbote auslösen würde, die nicht vermieden werden können. Sind bestimmte Voraussetzungen gegeben, kann das Vorhaben dennoch genehmigt werden. Vor dem Hintergrund, dass sich in Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen zunehmend Konflikte mit den artenschutzrechtlichen Verboten ergeben, ist die Auseinandersetzung mit den Voraussetzungen für die Ausnahme und ihre Anwendung naheliegend. Das KNE hat das Thema daher aufgegriffen.
„Bei den momentan laufenden Fortschreibungen der Windenergieerlasse und Leitfäden der Länder wird das Thema ‚Ausnahme‘ vermehrt diskutiert. Dabei geht es um die Frage, ob durch eine stärkere Nutzung der Ausnahme in Konfliktfällen tragfähige und verträgliche Lösungen gefunden werden könnten. Wir betrachten in unserer Publikation die Chancen und Risiken, die mit einer vermehrten Nutzung der Ausnahme zur Verwirklichung von Windenergieprojekten einhergehen würden“, erläutert die Autorin der Studie, Dr. Silke Christiansen, Rechtereferentin im KNE.
Die Publikation befasst sich mit den Rahmenbedingungen, den rechtlichen Details und der Vorgehensweise in den einzelnen Bundesländern. Sie ist eine gute Diskussionsgrundlage im Rahmen der Fortschreibung der Erlasse und Leitfäden der Länder, in der nach verträglichen Lösungen für einen weiteren Ausbau der Windenergie gesucht wird.
„Die Ausnahme ist keine Ausnahme vom Artenschutz. Sie ist ein Instrument, um das Spannungsverhältnis zwischen Windenergievorhaben und Artenschutz im Einzelfall aufzulösen. Allerdings ist die Ausnahme nach unserer Einschätzung keine Standardlösung für die Probleme, die sich im Rahmen des besonderen Artenschutzes und dem Ausbau der Windenergie auftun“, stellte KNE-Direktor Dr. Torsten Raynal-Ehrke anlässlich der Veröffentlichung der Studie fest.
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- Alle Publikationen für den Wissenstransfer finden Sie auf der KNE-Internetseite Veröffentlichungen.
24.10.2019
Windenergie und Welterbe sind vereinbar
Die im KNE-Fachdialog zur Vereinbarkeit von Windenergieausbau und UNESCO-Welterbestätten in Deutschland entwickelten Empfehlungen liegen nun gedruckt vor und können im KNE kostenlos bestellt werden.
Die Empfehlungen sowie die Darlegung des Arbeitsprozesses des KNE-Fachdialogs „Energiewende in der Nähe von UNESCO-Welterbe“ hat das KNE jetzt in der umfassenden Publikation „Empfehlungen zur Vereinbarkeit von Windenergieausbau und UNESCO-Welterbestätten in Deutschland“ veröffentlicht. Die Akteure des Fachdialogs erörterten, wie die Prozesse, die zur Klärung der Verträglichkeit von Windenergieanlagen mit UNESCO-Welterbestätten führen sollen, verbessert werden können.
Einen ersten Impuls für einen Fachdialog zum Thema Windenergieausbau und Welterbe setzte die Deutsche UNESCO-Kommission, die das KNE auf die Notwendigkeit eines sachlichen Austausches zur Planung von Windenergieanlagen in der Nähe von Welterbestätten hinwies.
„In den ersten Sondierungen wurden die unterschiedlichen Sichtweisen und Anliegen deutlich. So berichteten uns die Akteure des Welterbes von Fällen, in denen sie sich gegen die Genehmigung von geplanten Windenergieanlagen ausgesprochen hätten, weil diese eine Welterbestätte andernfalls in ihrer visuellen Unversehrtheit bedroht hätten. Vertreter der Windenergie schilderten, dass Zuständigkeiten und Bewertungsmaßstäbe für sie nicht in allen Fällen ersichtlich seien und Planungsunsicherheit die Folge sei“, erläutert Dr. Mathis Danelzik, Leiter der Fachdialoge.
In dem vom KNE entwickelten und moderierten Fachdialog erarbeiteten die Teilnehmenden drei Empfehlungen für eine bessere Vereinbarkeit von Windenergieplanungen und UNESCO-Welterbestätten: Die Verbesserung von Kommunikationsstrukturen; klarere Aussagen dazu, welche wertgebenden Aspekte und Strukturen die jeweilige Welterbestätte eigentlich ausmachen und die Entwicklung von Standards für sachgemäße Visualisierungen von Windenergieanlagen.
Im Fachdialog wurde deutlich, dass angemessene und fachlich solide Methoden, klare Rollen und Zuständigkeiten und eine ausgewogene Kommunikation von allen Beteiligten als sinnvolle Maßnahmen für eine bessere Bewertung möglicher Beeinträchtigungen von Welterbestätten durch Windenergieanlagen erachtet werden. „Mit seinen Diskussionen und Ergebnissen hat der KNE-Fachdialog einen wichtigen Beitrag zum welterbeverträglichen Ausbau der Windenergie geleistet“, so Dr. Torsten Raynal-Ehrke, Direktor des KNE.
Die Publikation informiert auch über weitere Vorschläge und kontroverse Diskussionen im Fachdialog und bietet so einen guten Überblick über die verschiedenen Anliegen, Vorstellungen und Verbesserungsansätze.
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Der KNE-Fachdialog
KNE-Fachdialoge bringen die Akteure der Energiewende und des Naturschutzes miteinander ins Gespräch, um aktuelle Herausforderungen zu erörtern und gemeinsame Lösungsansätze zu finden. KNE-Fachdialoge stehen für die Idee, durch eine neutrale Gestaltung und Moderation von Gesprächs- und Arbeitsprozessen einen Beitrag zur Klärung komplexer Sachverhalte zu leisten.
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Der KNE-Fachdialog zur „Energiewende in der Nähe von UNESCO-Welterbe“ wurde mit Mitteln der Deutschen Bundesstiftung Umwelt gefördert.
09.10.2019
Dokumentation der erfolgreichen KNE-Konferenz „Vogelschutz an Windenergieanlagen“ veröffentlicht
Auf der KNE-Fachkonferenz „Vogelschutz an Windenergieanlagen“ wurde über die Chancen und Möglichkeiten des Einsatzes von Detektionssystemen zur Verminderung von Vogelkollisionen an Windenergieanlagen durch eine bedarfsgerechte Betriebsregulierung diskutiert. Die Tagungsdokumentation fasst die Ergebnisse der Veranstaltung in Kassel zusammen und gibt einen Überblick über den aktuellen Kenntnisstand. Jetzt wurde die Dokumentation der erfolgreichen Expertentagung veröffentlicht.
Neben den Beiträgen der Referentinnen und Referenten zu laufenden Erprobungsvorhaben von Kamera- und Radarsystemen in Deutschland und zu genehmigungsrechtlichen Aspekten eines Systemeinsatzes, findet sich zudem ein Resümee der Podiumsdiskussion. Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft, der behördlichen Praxis und des Naturschutzes erörterten auf dem Podium den Bedarf nach weitergehenden technischen Vermeidungslösungen und diskutierten über potenzielle Anwendungsfälle. Trotz der unterschiedlichen Blickwinkel und Anliegen bestand Einigkeit darüber, dass Detektionssysteme einen Beitrag zum Abbau des aktuellen Genehmigungsstaus leisten können.
Die Fachkonferenz verfolgte nicht nur das Ziel, Informationen bereitzustellen. Sie bot den Teilnehmenden aus allen Akteursgruppen eines naturverträglichen Windenergieausbaus auch die Möglichkeit, ihre Meinung zu den Chancen und Grenzen der Technischen Systeme zu äußern. Die Einschätzungen der mehr als 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind in der Publikation nachzulesen.
Wie geht es weiter?
Die Konferenz hat gezeigt, dass die Systemhersteller im Bereich der Vogelerkennung auf einem gutem Weg sind. Nun gilt es, diese Geräte an weiteren Standorten zu erproben. Für das KNE ist es wichtig, neben den Einsatzmöglichkeiten und Potenzialen auch die Grenzen des Systemeinsatzes auszuloten. Es wird auch weiterhin zu dieser Thematik arbeiten. Das Kompetenzzentrum begleitet zudem als unabhängiger Akteur mehrere Erprobungsfälle im Bundesgebiet. Dadurch soll das Wissen über Leistungsfähigkeit und Einsatzmöglichkeiten der Systeme unter unterschiedlichen Standortbedingungen weiter ausgebaut werden.
Zudem sind Fachgespräche und Workshops geplant, die sich mit den Fragen beschäftigen, wo zukünftig die „Untergrenzen“, das heißt Schwellenwerte und Mindestanforderungen, für den Systemeinsatz liegen werden. Zusammen mit dem Bundesamt für Naturschutz (BfN) und der Fachagentur Windenergie an Land (FA Wind) ist darüber hinaus ein gemeinsames Papier in Arbeit, in dem der Erkenntnisfortschritt dokumentiert und fortgeschrieben wird. Eine Fortführung der Fachkonferenz ist für 2021 vorgesehen.
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19.06.2019
K19 blickt auf den Naturschutz in der Energiewende
Mit „K19 – Naturschutz in der Energiewende“ ist das zweite Jahrbuch des KNE erschienen. In dem 230 Seiten starken Kompendium finden sich unter anderem ein gemeinsamer Beitrag von drei großen deutschen Umweltverbänden, Beiträge zur Solarforschung, Berichte aus der Arbeit des KNE und aufschlussreiche Beiträge zu Herausforderungen der Energiewende in Japan und Frankreich.
„K19 widmet sich der naturverträglichen Energiewende, also dem zentralen Thema in der Arbeit des KNE. Besonders vor dem Hintergrund, dass uns bis zum Jahr 2050 noch große Eingriffe in Natur und Landschaft bevorstehen, ist das ein hochaktuelles, vieldiskutiertes und durchaus auch konflikthaftes Themenfeld“, so Dr. Torsten Raynal-Ehrke, Direktor des KNE. „Das regelmäßig erscheinende Jahrbuch will über die Arbeit des KNE informieren, zur Versachlichung von Debatten beitragen, aber auch den Diskurs über neue Herausforderungen anregen. Dabei wird in jedem Jahrbuch ein neuer Schwerpunkt gesetzt. 2020 dreht sich alles um: Die Energiewende vor Ort,“ so Raynal-Ehrke weiter.
In dem abwechslungsreichen Jahrbuch K19 wird das Schwerpunktthema in 13 Artikeln auf unterschiedlichste Weise betrachtet. „Wir freuen uns, dass wir auch in dieser Ausgabe des KNE-Jahrbuchs viele renommierte Persönlichkeiten als Autorinnen und Autoren gewinnen konnten. So vielfältig wie die Autorenschaft ist, so überraschend und spannend ist die Bandbreite der Themen. Sie reicht von den Naturschutzkonflikten in der Energiewende, über den umweltverträglichen Rückbau von Windenergieanlagen in Frankreich und Deutschland, die Akzeptanzbemühungen für die Erneuerbaren in Japan bis hin zu neuesten Forschungen im Bereich der Solarenergie und der Nutzung von Strömungsenergie“, berichtet Anke Ortmann, Redakteurin des KNE-Jahrbuchs.
Zu Wort kommen die Vorsitzenden bzw. Präsidenten der drei großen deutschen Umweltverbände Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), Naturschutzbund Deutschland (NABU) und Deutscher Naturschutzring (DNR) in ihrem gemeinsamen Beitrag zu den Forderungen des Naturschutzes an die Energiewende. Professor Yasushi Maruyama von der Universität Nagoya zeigt auf, welche Ansätze in Japan entwickelt werden, um mehr Akzeptanz für die erneuerbaren Energien zu erreichen. Professor Frithjof Staiß und Maike Schmidt vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoffforschung Baden-Württemberg geben einen interessanten Einblick in die neuesten Entwicklungsansätze im Wind- und Solarbereich. Darüber hinaus kommen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des KNE zu Wort und berichten über die Arbeit des KNE.
Die K19-Redaktion dankt allen Autorinnen und Autoren sehr herzlich für Ihre Mitarbeit und wünscht den Leserinnen und Lesern eine spannende und anregende Lektüre.
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- Sie finden das KNE-Jahrbuch auch hier.
07.06.2019
Zum Moratorium für die Genehmigung von Windenergieanlagen in Brandenburg
Zu dem am 30. April 2019 mit dem „Ersten Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Regionalplanung und zur Braunkohlen- und Sanierungsplanung (RegBkPlG)“ eingeführten zweijährigen Moratorium* für die Errichtung von Windenergieanlagen in Brandenburg erklärt das Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE):
Die Absicht der Landesregierung mit einem Moratorium eine ungeordnete Errichtung von Windenergieanlagen zu verhindern, ist aus naturschutzfachlicher Sicht positiv zu beurteilen. Durch das Moratorium bleibt die Möglichkeit erhalten, die Windenergienutzung auf der Ebene der Regionalplanung räumlich zu steuern und zu konzentrieren. Die Errichtung der Anlagen kann somit auf geeignete, aus Sicht des Artenschutzes (z. B. Rotmilan) möglichst konfliktarme Bereiche gelenkt werden. Dadurch können artenschutzrechtliche Konflikte vermieden und die Akzeptanz von Windenergieprojekten vor Ort kann gefördert werden. Zugleich werden mit dem Moratorium die Landesplanungs- bzw. Genehmigungsbehörden von Einzelfallentscheidungen entlastet, was ebenfalls zu begrüßen ist.
Klimaschutz durch erneuerbare Energieträger und Naturschutz stehen jedoch nicht nur im Konflikt zueinander. Es ist zu erwarten, dass der Klimawandel auch zum Verlust zahlreicher Arten führen wird. Insoweit bedeutet die Reduktion der CO2-Emissionen, die mit der Windenergienutzung verbunden ist, eine – wenn auch mittelbare – Form des Artenschutzes. Was den zukünftig notwendigen Ausbau der Windenergie betrifft, kann das Moratorium dazu führen, dass auf einem großen Teil der Landesfläche in Brandenburg für zwei Jahre keine neuen Windenergieanlagen genehmigt werden können, da gegenwärtig die Wirksamkeit von vier der fünf Regionalpläne im Land gerichtlich beklagt wird.
Brandenburg ist das Bundesland, das in den Ausschreibungen des Jahres 2018 mit einem Anteil von 17 Prozent die meisten Zuschläge erhalten hat. Beschränkungen für Windenergie-Projekte in Gebieten mit offenbar günstigen bzw. wettbewerbsfähigen Bedingungen entfalten daher im Hinblick auf die Bekämpfung des Klimawandels eine besondere Brisanz.
Für den Arten- und Naturschutzes bleibt ein naturverträglicher Ausbau der Windenergie essenziell. Politische Maßnahmen zur besseren Steuerung müssen sich an diesem Ziel messen lassen. Die Wirkung des Moratoriums muss daher sorgfältig beobachtet werden, im Bedarfsfall sollte umsichtig nachgesteuert werden.
*= Das Moratorium setzt die Genehmigung von Windenergieanlagen für einen Zeitraum von zwei Jahren aus, wenn ein Regionalplan rechtskräftig unwirksam ist und zugleich ein Neuaufstellungsbeschluss für den Regionalplan öffentlich bekannt gemacht worden ist.
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09.04.2019
Insektenrückgang und Windenergieanlagen
In deutschen Medien wird gerade verstärkt über einen möglichen Zusammenhang des empirisch belegten Insektenrückgangs mit dem verstärkten Ausbau von Windenergieanlagen diskutiert. Teilweise wird der Zusammenhang als ernstzunehmendes Problem dargestellt, teilweise wird er aber auch vehement bezweifelt.
Was ist die Aussage der Studie?
Eine im Oktober 2018 veröffentlichte, interne Studie des Deutschen Institutes für Luft- und Raumfahrt (DLR) von Dr. Franz Trieb betrachtet auf der Basis von Literaturrecherchen, theoretischen Annahmen und statistischen Hochrechnungen die möglichen Auswirkungen der Rotoren von Windenergieanlagen (WEA) auf Insekten. Alle WEA in Deutschland zusammen töteten, so die Hypothese, pro Tag fünf bis sechs Milliarden Insekten bzw. 1.200 Tonnen Insekten pro Jahr beim Durchqueren der Rotoren während der warmen Jahreszeit. Daraus leitet der Autor ab, dass dies relevant für die Stabilität der gesamten Insektenpopulation sein könnte.
Wie ordnen andere Akteure die Studienergebnisse ein?
Mittlerweile haben sich verschiedene Akteure zu den Aussagen der Studie sowie zu möglichen Konsequenzen geäußert.
Landwirtschaftsvertreter, die selber wegen intensiver Bewirtschaftungsweisen unter Druck stehen („Insektensterben“), sehen die Windenergiebranche als (weiteren) Verursacher in der Pflicht (Quelle). Sie fordern einen Verträglichkeitsnachweis für WEA und dass die Branche Beiträge zur Verminderung der Verluste leisten solle.
Der Bundesverband Windenergie (BWE) hingegen kritisiert in einem Infopapier die Studie unter Verweis auf methodische Mängel. Es seien pauschalisierende Annahmen getroffen worden, eine empirische Grundlage fehle ebenso wie ein Bezug zum Gesamtinsektenbestand. Die Ursachen für den Insektenschwund lägen nicht bei der Windenergie. Ein Rückgang von Insekten sei schon diskutiert und beobachtet worden, als die Nutzung der Windenergie noch gar nicht begonnen hatte. Der BWE sieht die Windenergie in punkto Insektenrückgang nicht als Problemverursacher, sondern als Problemlöser. Die im Zuge der Errichtung von WEA umzusetzenden Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen würden Lebensräume für Insekten schaffen. Mit der durch den Ausbau der erneuerbaren Energien möglichen CO2-Minderung werde zudem die Biodiversität in Deutschland gestärkt.
Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) bemängelt in seinem Faktenpapier, dass die DLR-Studie die bereits vorliegenden Untersuchungen zu den Ursachen des Insektenrückgangs ignoriere. In diesen Studien werde nicht die Windkraft als Ursache identifiziert. Vom Insektenrückgang seien im Übrigen nicht nur fliegende, sondern auch bodenlebende Arten/Artengruppen betroffen. Es sei zudem ein Manko, dass kein Bezug zwischen den ermittelten Arten- und Individuenzahlen und dem Gesamtbestand hergestellt werde. Das BfN weist überdies darauf hin, dass ein Rückgang von Insekten weltweit feststellbar sei – also auch in Regionen, in denen es keine oder kaum WEA gebe. Ein kausaler Zusammenhang zwischen Windkraft und Insektenrückgang sei nicht belegt. Das BfN sieht daher keinen akuten Handlungsbedarf für Maßnahmen zum Schutz von Insekten vor Kollisionen mit Rotorblättern. Grundsätzlich würde ein Erkenntnisgewinn auf Grundlage empirischer Forschungen aber begrüßt werden.
Die fehlende Berücksichtigung von Vergleichszahlen zu den insgesamt vorhandenen Insekten (idealerweise der betroffenen Arten) in der DRL-Studie kritisiert auch der Naturschutzbund Deutschland (NABU, Lars Lachmann, mündl. 03.04.2018). Eine Ableitung einer tatsächlichen relevanten Gefährdung von Fluginsekten aus der absoluten Menge potenziell getöteter Insekten sei nicht möglich. Es gebe jedoch Vergleichszahlen, die eine relative Einschätzung von „Mengen“ und Zahlen ermöglichten.
Eine Studie von Nyffeler aus dem Jahr 2018 hat zum Beispiel ermittelt, dass allein von Vögeln in deutschen Wäldern 400.000 Tonnen Insekten gefressen werden. Der weit überwiegende Anteil sterbe jedoch – bei einer natürlichen Lebensspanne von wenigen Tagen bis Wochen – auf natürliche Weise. Die in der Studie genannten 1.200 Tonnen würden nur einen äußerst geringen Anteil der tatsächlichen Insektenbiomasse darstellen. Bereits einfache überschlägige wissenschaftliche Betrachtungen zeigten, dass es sehr unwahrscheinlich sei, dass die Windenergie eine nennenswerte Rolle für den allgemeinen Rückgang von Insekten spiele.
Neu sei der Gedanke der DLR-Studie, dass es spezielle Insektenarten geben könnte, die – etwa aufgrund ihrer Flughöhen – besonders betroffen sein könnten. Solche Arten seien aber bisher noch nicht identifiziert worden. Der in der Studie formulierte Vorschlag, ein „Barcoding“ von Insektenrückständen auf Rotorblättern durchzuführen, könnte diese Frage beantworten.
Fazit des KNE
Für die Hypothese der DLR-Studie, dass die Größenordnung der Verluste an Insekten durch Rotorblätter von Windenergieanlagen relevant für die Stabilität der gesamten Fluginsektenpopulation sein könnte, finden sich auf Grundlage bisheriger Untersuchungen keine empirischen Anhaltspunkte. Die Aussagekraft der DLR-Studie ist hypothetisch und insofern in ihrer Bedeutung für die Praxis stark begrenzt. Fakt ist derzeit nur: Es kommen – wie auch im Verkehr und an anderen beweglichen Teilen – Insekten zu Tode. Umfang und Relevanz dieses Geschehens auf den Bestand von fliegenden Insekten müssten in empirisch angelegten Forschungsvorhaben geklärt werden. Die bekannten und unbestreitbaren Hauptursachen des Insektenrückgangs dürfen jedoch hierdurch nicht aus den Augen verloren werden.
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