bne veröffentlicht Ergebnisse seiner bundesweiten Feldstudie zur Artenvielfalt im Solarpark
Die Feldstudie in Kürze
Der Bundesverband Neue Energiewirtschaft e. V. (bne) hat am 27. März 2025 die Studie „Artenvielfalt im Solarpark - Eine bundesweite Feldstudie“ veröffentlicht. Ziel war es, die empirische Datenbasis zu erweitern und belastbare Fakten für die Praxis zu liefern, um dadurch zur Versachlichung der Debatten über den naturschutzfachlichen Wert von Solarparks beizutragen. Die Studie zeigt auf Grundlage von Kartierungen, wie Solarparks von Tierarten als Lebens- und Nahrungsraum genutzt werden. Im vergangenen Jahr haben dazu mehrere Gutachterbüros in 24 deutschen und einem dänischen Solarpark Daten über das Vorkommen verschiedener Artengruppen erhoben. Ergänzt wurden die Kartierungen durch weitere Untersuchungen aus den Jahren 2022 bis 2024, so dass insgesamt Daten aus 31 Anlagen von den Autoren (Peschel u. Peschel 2024) ausgewertet wurden. Im Fokus stehen Anlagen, die auf ehemaligen Ackerflächen errichtet wurden. Neben klassischen Solarparks wurden auch zwei dem Sonnenstand folgende, sogenannte nachgeführte Anlagen, in die Untersuchung einbezogen. Für jeden untersuchten Solarpark wurde ein Steckbrief mit Rahmendaten (u. a. Bauweise, Planungsunterlagen und Untersuchungsergebnisse) erstellt und auf der bne-Internetseite veröffentlicht. Erfasst wurden Pflanzen sowie Urzeitkrebse, Libellen, Heuschrecken, Tagfalter, Reptilien, Amphibien, Vögel und Fledermäuse. Dabei wurden in keiner Anlage alle Organismengruppen untersucht, sondern je eine standortspezifische Auswahl vorgenommen. Im Ergebnis haben die Autoren die nachgewiesenen Arten aus allen Erfassungen aufsummiert und prozentual mit der in Deutschland vorkommenden Artenzahl der jeweiligen Tiergruppe verglichen. Zusätzlich wurde mit Hilfe der JACCARD´schen Zahl als Maß für die Ähnlichkeit zweier Probestellen gezeigt, welche Solarparks sich in ihrer Artenausstattung ähneln.Ergebnisse der Kartierungen
Flora Die Autoren haben insgesamt 385 Pflanzenarten nachgewiesen, von denen sechs Arten auf der Roten Liste als gefährdet eingestuft sind. Fauna In drei Anlagen konnten 13 Libellenarten nachgewiesen werden, das entspricht 16,5 Prozent der in Deutschland als etabliert geltenden Arten. 30 Heuschreckenarten wurden erfasst, von denen zwei Arten als gefährdet eingestuft werden. Mit 36 Tagfalter- und Widderchenarten wurden 17 Prozent der in Deutschland als etabliert geltenden Arten gefunden. Es wurden in vier untersuchten Solarparks insgesamt acht Amphibienarten und drei Reptilienarten nachgewiesen. In 25 Solarparks wurden 32 Brutvogelarten kartiert, darunter eine vom Aussterben bedrohte, drei stark gefährdete und vier gefährdete Arten der Roten Liste. Insgesamt 63 Nahrungsgäste wurden beobachtet. Darüber hinaus wurden die Rufe von insgesamt 13 eindeutig bestimmbaren Fledermausarten verschiedener Gefährdungsklassen in 15 Anlagen aufgenommen. Weitere Ausführungen Neben der überblicksartigen Darstellung der Kartierungen enthält die Studie Vorschläge, wie die Integration von artenreichen Solarparkflächen in die Flächenkulisse einen Beitrag zur Umsetzung der Nationalen Biodiversitätsstrategie 2030 leisten kann. In einem abschließenden Faktencheck setzen sich die Autoren mit ausgewählten Vorbehalten gegenüber Photovoltaik-Freiflächenanlagen auseinander.Einordnung des KNE
Die Autoren und auch der bne als Herausgeber sowie rund 50 der im Verband organisierten Projektierer setzen sich bereits seit einigen Jahren für eine „Gute Planung“ von Solarparks ein. Das KNE arbeitet in verschiedenen Zusammenhängen mit diesen Akteuren zusammen, damit Solarparks naturverträglicher umgesetzt werden. Vor diesem Hintergrund stellt die Studie einen dankenswerten Diskussionsbeitrag der Branche zum Schließen der noch immer bestehenden Wissenslücken dar. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass in Solarparks auf ehemals intensiv genutzten Ackerflächen Lebensräume entstehen können, auch für gefährdete Arten. Hierfür kommt es nach übereinstimmender Einschätzung vor allem darauf an, dass ausreichend besonnte Bereiche zur Verfügung stehen, die Module höher aufgeständert werden und die Entwicklung von artenreichem Grünland mit Verzicht auf Pflanzenschutz- und Düngemittel ermöglicht wird. Wichtige Voraussetzung für die Zielerreichung sind Pflegekonzepte, die während der Betriebsphase des Solarparks mit Fachkenntnis umgesetzt werden müssen. Unter dieser Voraussetzung sind Ausgleich, Biodiversitätsförderung und Stromerzeugung auf derselben Fläche möglich.Zur Methodik
Die Validität der Studie hätte gewonnen, wenn bestimmte Standards des wissenschaftlichen Arbeitens mehr Beachtung erhalten hätten. So verzichten die Autoren beispielsweise auf die nachvollziehbare Darstellung der Untersuchungsmethoden sowie auf eine Begründung der Auswahl von Untersuchungsflächen und untersuchten Organismengruppen. Auch eine Beschreibung der Vornutzung auf den Solarparkflächen erfolgt nicht. Vielmehr wird pauschal angenommen, dass Ackerstandorte mit Düngemitteln und Pestiziden belastet und daher artenarm seien. Hilfreich für die Interpretation der Ergebnisse wären auch systematisch aufbereitete Informationen zur Einbindung der Untersuchungsflächen in die Landschaft gewesen, um die Besiedelung mit zugewanderten Arten besser nachvollziehen und daraus Maßnahmen für zukünftige Projekte ableiten zu können. Das reine Aufsummieren der bundesweit gefundenen Arten lässt keine Rückschlüsse darüber zu, welche Bereiche in den Solarparks welchen Arten Lebensraum bieten. Mit den Anlagensteckbriefen liegt neben dem Haupttext viel Rohmaterial vor, welches aus Sicht des KNE für detailliertere Auswertungen hinsichtlich der Wirkungen von Bauweise und Pflege auf die Habitatqualität für ausgewählte Arten (konfliktträchtig sind insbesondere Feldlerche oder Fledermäuse) genutzt werden sollte. Die Studie könnte dann einen noch besseren Beitrag leisten, die aktuell bestehenden Wissenslücken zu schließen.Zur Bauweise und Pflege der Parks
Das KNE hält das Anlagendesign (Überstellungsgrad, Modultischhöhe, Reihenabstand, Umzäunung usw.) und das Pflegekonzept für ausschlaggebende Stellgrößen der Habitatqualität von Solarparks. Zu diesen machen die Gutachten keine genauen Angaben. Es wird erwähnt, dass Solarparks für die Untersuchung ausgewählt seien, „die die Kriterien einer an Biodiversität ausgerichteten Bauweise und Pflege berücksichtigt haben“ (S. 5). Welche Kriterien dies sind, bleibt unklar. Informationen sind in den 25 Anlagensteckbriefen enthalten, werden aber in der Auswertung im Haupttext nicht ausreichend in einen Zusammenhang mit den gefundenen Arten gebracht. Die Studie enthält zu Bauweise und Pflege leider keine konkreten Empfehlungen an die Planungspraxis.Zu den Empfehlungen
Die Studie enthält eine Vielzahl an Dokumenten mit verschiedenen Kartierzeitpunkten und Kartiermethoden. Zu Bauweise und Pflege von Solarparks enthält sie leider keine konkreten Hinweise an die Planungspraxis. Zudem müssen die Lesenden die zum Teil unterschiedlichen Schlussfolgerungen der Gutachterbüros selbst einordnen. Am Beispiel der Feldlerche zeigt sich, dass die Gutachtenden widersprüchliche Aussagen treffen, wie diese in Solarparks gefördert werden könnten. So heißt es im Bericht aus der Anlage Bundorf 2023: „Falls ein hohes Niveau der Siedlungsdichte der Feldlerche langfristig aufrechterhalten werden soll, dann muss der hohe Rohbodenanteil erhalten werden, z. B. durch Maßnahmen wie herbstliches Eggen und Grubbern (ca. alle 3 Jahre je nach Bedarf).“ Im Bericht aus dem Solarpark Bad Liebenwerda kommen die Gutachtenden dagegen zu dem Schluss: „Mit der weiteren Etablierung von dichteren Vegetationsflächen in den aktuell noch un- oder nur schütter bewachsenen Flächen, wird sich die Habitatqualität für die Feldlerche weiter verbessern.“ Die Autoren Peschel und Peschel bleiben mit ihren Hinweisen im Haupttext der Studie – „ausreichende Strukturen, wie Wege“; „entsprechend geeignete Pflege“ – vor diesem Hintergrund eher unkonkret. Hier und auch hinsichtlich der anderen Organismengruppen wären gut umsetzbare Handlungsempfehlungen wünschenswert.Studie als Ausgangspunkt für weitere Auswertungen
Das KNE begrüßt, dass die Erhebungen die bisherigen Annahmen aus Forschung und Verwaltungspraxis zum naturverträglichen Ausbau von Solarparks (KNE-Wissensplattform Natur im Solarpark) untermauern. In den ausgewählten Solarparks auf Ackerflächen konnte gezeigt werden, dass es zur Artenvielfalt beiträgt, wenn die Grundsätze der Vermeidung und der naturverträglichen Gestaltung berücksichtigt werden. Die Schlussfolgerung der Autoren, dass Kompensationsmaßnahmen in Solarparks generell verzichtbar seien, verkennt, dass sich die Empfindlichkeiten von Standorten und die Bauweisen der Solarparkprojekte stark unterscheiden. Die Anwendung der Eingriffsregelung leistet hier aus Sicht des KNE einen wesentlichen Beitrag, indem die Vermeidung von negativen Wirkungen in der kommunalen Planung frühzeitig in den Fokus gerückt wird. Über dieses Instrument werden die Mindestanforderungen festgeschrieben, mit denen die Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes und des Landschaftsbildes auch außerhalb besonderer Schutzgebiete gesichert und erhalten werden kann. Um diese Mindestanforderungen fachlich abzusichern, kann die Studie einen wichtigen Beitrag leisten. Hierzu sollten die Ergebnisse in den weiteren fachlichen Austausch eingebracht werden. Das KNE unterstützt diesen Prozess und die Umsetzung biodiversitätsfördernder Solarparks mit vielfältigen Formaten des Wissenstransfers. Zur Studie „Artenvielfalt im Solarpark - Eine bundesweite Feldstudie“Wissensplattform Natur im Solarpark – Ein Wegweiser für kommunale Akteure
Publikation Bilanzierung des Kompensationsbedarfs bei Solarparkprojekten
Publikation Möglichkeiten und Grenzen des artenschutzrechtlichen Ausgleichs in Solarparks
Publikation Naturverträgliche Gestaltung von Solarparks – Maßnahmen und Hinweise zur Gestaltung
Publikation Kriterien für eine naturverträgliche Standortwahl von Solar-Freiflächenanlagen
Von Ausweichnahrungshabitat bis Zumutbarkeitsregelung
KNE-Podcast: Kompensation braucht Platz
Naturschutz und Energiewende auf europäischer Ebene
Aktualisierte Publikation zur Windenergie an Land im Bundesnaturschutzgesetz
Begleitveranstaltung zur Publikation
Wer die Regelungen und Neuerungen im BNatSchG noch besser verstehen will, ist herzlich am 10. April 2025 zu einer begleitenden KNE-Onlineveranstaltung eingeladen. Hier werden die zentralen Inhalte der aktualisierten Veröffentlichung vorgestellt und allen Interessierten, die in Genehmigungsprozessen für Windenergieanlagen involviert sind (Behörden, Projektierer, Gutachterbüros, Umweltverbände u. a.) Raum für Rückfragen und Blitzlichter aus der Praxis geboten. Die Veranstaltung richtet sich an Menschen, die sich einen ersten Überblick verschaffen wollen und auch an Interessierte mit Vorkenntnissen. Bitte melden Sie sich bis zum 7. April 2025 für die Veranstaltung an: ANMELDUNGZur aktualisierten Publikation "Die Vorschriften zur Windenergie an Land im Bundesnaturschutzgesetz 2022"
Handreichungen der Länder zu Natur- und Artenschutz und Windenergie an Land (Planungsebene)
Validierung des Software-Tools zur modifizierten artenschutzrechtlichen Prüfung nach § 6 WindBG des Regierungspräsidiums Gießen
- Bildet das Tool alle zur Abarbeitung der modifizierten artenschutzrechtlichen Prüfung relevanten prüfschritte ab?
- Werden alle maßgeblichen Bundes- und Landesvorgaben eingehalten?
- Werden die mit der Entwicklung des Tools verfolgten Ziele (Standardisierung, Verbesserung der Nachvollziehbarkeit, geringerer Arbeits- und Zeitaufwand) erreicht?
Umweltbewegung im Wandel
Aktuelles aus Bund und Ländern
Gut fürs Klima und den Artenschutz: Biodiversitätsfördernde Solarparks
In der EU geht der Ausbau der erneuerbaren Energien voran
Gut geplant ist halb gewonnen
Aktuelles aus Bund und Ländern
So geht Artenschutz im Solarpark
KNE-Podcast: Neurechte Narrative im Naturschutz
Solarenergie und Naturschutz – Ergebnisse und Erkenntnisse aus dem FuE-Projekt SuN-divers
KNE-Podcast: Der Rotmilan im Zentrum
Mehr Natur im Solarpark – neue Wissensplattform unterstützt kommunales Handeln
Neue Auswahlbibliografie „Habitatpotenzialanalyse und Habitatmodellierung“
Zwischen Baum und Borke – die Mopsfledermaus braucht naturnahe Wälder
Aktuelles aus Bund und Ländern
Neuer Fahrplan zum Schutz der biologischen Vielfalt
Naturbewusstsein 2023: Der Waschbär ist Verlierer
Aktuelles aus Bund und Ländern
KNE-Forum „Naturverträgliche Solarparks“ – Wie gelingt Pflege im Solarpark naturverträglich?
Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen
- 1
- 2
- 3
- 4
- …
- 17
- vorherige Meldungen