Berlin, 25. November 2021

Extrakte aus Politik und Gesellschaft 10/21

Aktuelles aus Bayern, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt

In „Extrakte“ veröffentlicht das KNE Fragmente aus parlamentarischen und ministeriellen Veröffentlichungen sowie aus publizierten Beiträgen von Akteuren der Energiewende. Im Mittelpunkt stehen interessante Fakten, politische Positionen und Strategien sowie wissenschaftliche Informationen zur naturverträglichen Energiewende in Deutschland. Dabei geht es nicht um Vollständigkeit, sondern um – Schlaglichter aus Politik und Gesellschaft.

Bayern

Dem Zusammenhang von Windenergieanlagen und dem Verschwinden von Regenwürmern und anderen Bodenlebewesen geht eine Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf die Drs. 18/17635 des Bayrischen Landtags nach. Spezielle Untersuchungen in Bayern zum Thema sind den Ministerien nicht bekannt. Sie verweisen aber auf eine aktuelle Studie vom Mai 2021 der Nordic Society Oikos (NSO) mit dem Titel „Vibrational noise from wind energy-turbines negatively impacts earthworm abundance“. Die Studie der NSO kommt zu dem Ergebnis, dass im Untersuchungsraum in der Provinz Flevoland, Niederlande, die Anzahl von Regenwürmern im Nahbereich einer WEA (8 Meter) um etwa 40 Prozent geringer war als in weiterer Entfernung (128 Meter). Von den Autoren wird ein Zusammenhang mit den von Windenergieanlagen ausgehenden Schallwellen angenommen, weil die Amplituden der Schallwellen mit zunehmendem Abstand von den Anlagen abnehmen. Auswirkungen auf die Mesofauna (zwischen 0,3 und 1 Millimeter große, bodenlebende Organismen) konnten nicht festgestellt werden, Auswirkungen auf den Maulwurf wurden nicht untersucht.

Sachsen-Anhalt

Die Landesregierung Sachsen-Anhalt hat sich zum Kollisionsopfer-Monitoring von Vögeln an Windenergieanlagen (WEA) geäußert. Auf Drs. 8/319 des sachsen-anhaltischen Landtages wird darauf hingewiesen, dass es keine gesetzliche Meldepflicht für verletzte oder tot aufgefundene Tiere gibt. Die beim Landesamt für Umwelt, Staatliche Vogelschutzwarte des Landes Brandenburg, geführte Funddatei sei eine Zusammenstellung von Zufalls- und projektbezogenen Funden von Schlagopfern an WEA. Aus der Funddatei seien in der Summe der Erfassungsjahre lediglich Tendenzen zur Schlaggefährdung einzelner Vogelarten abzulesen. Mit Stand 24. August 2021 enthalte die zentrale Funddatei 115 Funde von in Sachsen-Anhalt an WEA aufgefundenen Rotmilanen. Diese verteilen sich auf insgesamt 74 Windparks. Maximal wurden sieben und sechs Vögel je Windpark gefunden, sonst meist ein bis zwei. Die Gesamtzahl der Rotmilanfunde habe sich gegenüber 2014 nahezu verdoppelt (von 61 auf 115). Die Anzahl der WEA habe in diesem Zeitraum um mehr als 600 zugenommen. Die deutliche Zunahme der Totfunde kann allerdings auch auf erhöhte Suchaktivitäten in Folge der Sensibilisierung für den Konfliktbereich des Vogelschlags an Windenergieanlagen zurückzuführen sein.

Auf Drs. 8/339 des sachsen-anhaltischen Landtages äußert sich die Landesregierung zum Kollisionsopfer-Monitoring von Fledermäusen an Windenergieanlagen. Die Daten würden (s. voranstehende Meldung) in der Staatlichen Vogelschutzwarte des Landes Brandenburg zusammengetragen, Informationen über verletzte Tiere lägen nicht vor. Eine Meldepflicht bestehe nicht. Die Daten spiegelten daher die Meldeaktivität wider, nicht die tatsächliche Lage. Eine Zuordnung von Schlagopfern zu konkreten WE-Anlagen oder -Parks sei nur für vier der elf Landkreise möglich. Die Kollisionsopfermeldungen fänden überwiegend aufgrund gezielter Erfassungen etwa im Rahmen von Genehmigungsverfahren bei behördlich beauflagtem bzw. gefordertem Schlagopfermonitoring statt. Teilweise komme es auch zu Zufallsfunden. Programme wie das Monitoring "Fledermauszug Deutschland", welches den Fokus auf die Arten Kleiner und Großer Abendsegler, Rauhaut- und Zweifarbfledermaus lege, könnten zu vermehrten Meldungen von Schlagopfern dieser Arten führen. Ein Artenhilfsprogramm sei nicht geplant. Der Leitfaden „Artenschutz an Windenergieanlagen in Sachsen-Anhalt“ enthalte alle Informationen, um die artenschutzrechtlichen Regelungen im Rahmen von Genehmigungsverfahren angemessen umsetzen zu können.

Rheinland-Pfalz

Das Hermann-Hoepke-Institut der Technischen Hochschule Bingen hat einen Leitfaden für naturverträgliche und biodiversitätsfördernde Solarparks vorgelegt (PM 18.10.2021). Damit wurde deutschlandweit erstmalig ein praxisorientierter Maßnahmenkatalog mit insgesamt 30 Maßnahmensteckbriefen erarbeitet. Ausgeführt sind konkrete Maßnahmen für einen ‚Solarpark Plus‘, der Lösungsansätze enthält, wie Klima- und Naturschutz Hand in Hand gehen können. Die Steckbriefe sollen Betreiberinnen und Betreibern solcher Anlagen in der Planungs-, Bau- und Betriebsphase unterstützen und neue Anreize schaffen, um Photovoltaik-Anlagen in der Freifläche naturverträglich und biodiversitätsfördernd zu installieren. Zusätzlich werden Empfehlungen zum Monitoring ausgesprochen, welches den Erfolg der vorgeschlagenen Maßnahmen überprüfen soll. Das Ziel eines „Solarpark Plus“ ist es, den unvermeidbaren Eingriff in Natur und Landschaft zu minimieren und den nötigen Ausgleich ohne weitere Flächeninanspruchnahme innerhalb des Solarparks vorzunehmen. Zusätzliche, über die verpflichtenden Ausgleichsmaßnahmen hinausgehende Maßnahmen sind etwa die Schaffung von Ersatzlebensräumen und Sonderbiotopen (z. B. Feuchtbiotopen innerhalb der Anlagenfläche, die als Trittsteinbiotope zu einer Vernetzung mit dem Umland beitragen).